Washington/Berlin (Reuters) - Die US-Notenbank Fed hält vor der Jahreswende die Füße still und fasst zur Freude der Börsianer für 2024 Zinssenkungen ins Auge.

Die Währungshüter um Fed-Chef Jerome Powell beschlossen auf der dritten Zinssitzung in Folge, den geldpolitischen Schlüsselsatz in der Spanne von 5,25 bis 5,50 Prozent zu belassen. Nach teils aggressiven Zinsschritten nach oben neigt sich die Erhöhungsära damit wohl ihrem Ende zu. Die Währungshüter signalisieren am Mittwoch in ihrem Ausblick für 2024, dass sie in die andere Richtung marschieren wollen. Im Mittel gehen sie davon aus, dass der Leitzins nächstes Jahr um 0,75 Prozentpunkte sinkt. Laut Powell rückt die Frage ins Blickfeld, wann eine Lockerung angebracht sein werde: "Das wird ein Thema für uns."

Die Zinssenkungsfantasien der Investoren beflügelten die Wall Street, der Dow Jones schloss auf einem neuen Allzeithoch. "Die Fed hat uns dieses Jahr ein frühes Weihnachtsgeschenk gemacht", sagte Greg Bassuk, Konzernchef des Vermögensverwalters AXS in New York. An den Terminmärkten wird nunmehr mit einer ersten Zinssenkung bereits für März gerechnet. Insgesamt gehen Händler davon aus, dass der Leitzins nächstes Jahr um mehr als einen Prozentpunkt gesenkt wird.

Keiner der US-Währungshüter sieht Ende nächsten Jahres ein höheres Zinsniveau als jetzt. Powell betonte, damit sei die Option Zinserhöhung keineswegs vom Tisch. Allerdings sähen die Währungshüter eine Straffung als wahrscheinlich nicht mehr angebracht an. "Die Fed verabschiedet sich faktisch von der Aussicht auf weitere Zinserhöhungen", so das Fazit des LBBW-Experten Elmar Völker. Für Ökonom Friedrich Heinemann vom Mannheimer ZEW ist es so gut wie sicher, dass die Fed im kommenden Jahr die Zinsen senken wird: "Die Wirtschaft hat sich merklich abgekühlt und die Inflationsrate ist mit aktuell 3,1 Prozent nicht mehr sehr weit von der Zwei-Prozent-Zielmarke entfernt."

Der Fed-Chef sagte, die Notenbank sei zufrieden mit den raschen Fortschritten bei der Inflation, wolle aber noch weitere sehen. Die US-Wirtschaft hat sich trotz der straffen Geldpolitik als robust erwiesen. Sie wuchs im dritten Quartal um auf das Jahr hochgerechnet 5,2 Prozent. Die Notenbank will mit der straffen geldpolitischen Linie die Inflation bekämpfen, ohne die Konjunktur abzuwürgen.

AUF KURS ZUR "SANFTEN LANDUNG"

Die Währungshüter erwarten in ihren Projektionen für 2023 einen Zuwachs beim US-Bruttoinlandsprodukt von 2,6 Prozent. 2024 soll sich das Wachstum dann auf 1,4 Prozent abschwächen. Powell sagte, eine sogenannte sanfte Landung sei weiter ein "plausibles Ergebnis". Dies ist ein Szenario, in dem es der Fed gelingt, die Inflation zu zügeln, ohne dass die Wirtschaft in eine tiefgreifende Rezession abrutscht. US-Finanzministerin Janet Yellen bekräftigte in einem Interview mit CNBC, dass aus ihrer Sicht eine solche sanfte Landung gelingen werde. Yellen, die Vorgängerin Powells an der Spitze der Fed, sieht eine realistische Chance, dass das Wachstum im Jahr 2024 anhalten wird. Das Risiko einer Rezession beschrieb sie als nicht besonders hoch.

(Redaktion Washington, Mitarbeit Zuzanna Szymanska, Andrea Shalal, Philipp Krach, geschrieben von Reinhard Becker; Redigiert von Scot W. Stevenson; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

- von Howard Schneider und Ann Saphir