Von Manuel Priego-Thimmel

FRANKFURT (Dow Jones)--Anhaltende Wachstumssorgen sowie wieder zunehmende Zinserhöhungssorgen haben den Börsen zuletzt heftig zugesetzt. An den Märkten werden verstärkt weitere Zinserhöhungen durch die Europäische Zentralbank (EZB) und die US-Notenbank eingepreist. Wichtiger noch sind die nachlassenden Zinssenkungsfantasien an den Börsen. Die Anleger schauen daher gespannt auf das Zentralbanker-Treffen von Jackson Hole in der kommenden Woche. Highlight ist die Rede von Fed-Präsident Jerome Powell am Freitag.

Die Renditen an den Anleihemärkten schreiten von Hoch zu Hoch. Wie die Deutsche Bank anmerkt, ist die Rendite der zehnjährigen US-Staatsanleihen mit 4,274 Prozent auf das höchste Niveau seit 2007 gestiegen. Im Euroraum sieht die Lage ähnlich aus. Laut der Commerzbank zweifelt der Markt zunehmend an den am Terminmarkt eingepreisten EZB-Zinssenkungen. Auch scheine der Markt trotz der engeren Geldpolitik der EZB nicht überzeugt davon zu sein, dass die Inflation langfristig auf ein Niveau von 2 Prozent fallen wird.


   Zentralbanken unterstreichen Datenabhängigkeit 

Die Meinungen unter Beobachtern gehen derweil auseinander, ob die EZB im September die Leitzinsen erneut anheben wird. "Fakt ist, dass bis zur Sitzung Ende September noch eine Reihe wichtiger Daten veröffentlicht werden, darunter Geld- und Kapitalmarktstatistiken, Konsumentenerwartungen und Inflationszahlen", merkt die Commerzbank an. Mit Blick auf den Dollarraum, wird eine Zinserhöhung im November nun für zunehmend wahrscheinlich an den Märkten erachtet.

Mehr Orientierung erhoffen sich die Anleger von dem am Donnerstag beginnenden Zentralbanker-Treffen in Jackson Hole. Das Highlight ist die Rede von Fed-Präsident Powell. Ob diese Klarheit schaffen wird über den weiteren Zinspfad der US-Notenbank darf allerdings bezweifelt werden. Die Zentralbanker auf beiden Seiten des Atlantiks haben zuletzt immer wieder betont, dass die weitere geldpolitische Entwicklung vor allem datenabhängig sein wird.


   Eigentlich läuft nur die US-Wirtschaft rund 

Einen solchen Datensatz liefern die europäischen Einkaufsmanagerindizes für August in der kommenden Woche. Das verarbeitende Gewerbe dürfte sich weiter tief im rezessiven Bereich bewegen, der Dienstleistungssektor sollte nach Einschätzung von Analysten nur noch knapp über der Expansionsschwelle liegen. Ein erneutes Schrumpfen der Wirtschaft im Euroraum in der zweiten Jahreshälfte werde immer wahrscheinlicher, ist die Commerzbank überzeugt.

Damit läuft es eigentlich nur noch für die US-Wirtschaft rund. Die Pleite des hochverschuldeten chinesischen Immobilienentwicklers Evergrande hat die Sorgen rund um die chinesische Wirtschaft weiter verstärkt. Denn zu den Sorgen um die Konjunktur in China kommen strukturelle Sorgen um deren Schattenbanken-System dazu. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Krise in der Immobilien- nun auch auf die Finanzbranche überschwappe, ist laut Robomarkets größer geworden.


   DAX sieht charttechnisch noch ok aus 

Es hat derzeit nicht den Anschein, als ob die Korrektur an den Börsen bereits abgeschlossen ist. "Es dauert häufig mehrere Quartale, bis sich ein verschärftes monetäres Umfeld schließlich in der Konjunktur und in den Unternehmensgewinnen negativ niederschlägt. Diese Wirkungsverzögerungen führen regelmäßig dazu, dass sich viele Investoren aufgrund einer weiter robusten Konjunktur voreilig von ihrem Rezessionsszenario verabschieden und stattdessen eine weiche Landung für das wahrscheinlichste Szenario halten", so die Commerzbank.

Charttechnisch ist im DAX noch nichts angebrannt, mit knapp 15.600 Punkten nähert er sich aber wichtigen Unterstützungsmarken. Marcel Mußler verweist auf das Trendpullback bei 15.550 Punkten sowie das Juli-Tief bei 15.456 Punkten. Erst danach könnte es dann eng werden für den deutschen Auswahlindex mit einem Test der 15.000er-Marke. Auf diesem Niveau dürften aber die ersten mutigen Anleger wieder mit dem Gedanken spielen auf verbilligtem Niveau nachzukaufen.

Kontakt zum Autor: maerkte.de@dowjones.com

DJG/mpt/ros

(END) Dow Jones Newswires

August 18, 2023 06:30 ET (10:30 GMT)