BERLIN (Dow Jones)--Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken hat deutliche Verbesserungen für die deutsche Infrastruktur gefordert und dafür vor allem schnellere Verfahren angemahnt. "Wir haben ehrlicherweise gerade bei der Infrastruktur in den letzten Jahren einen ziemlichen Dornröschenschlaf gehabt, wir haben vieles liegen lassen, was gemacht hätte werden müssen unter 16 Jahren unionsgeführter Regierung", sagte Esken im ZDF-Morgenmagazin.

Gerade bei Straßen und Brücken sehe man ein großes Problem. "Wir haben einen riesigen Sanierungsbedarf bei den Schulgebäuden, und wir haben vor allem eine Infrastruktur, die nicht modern genug ist, die eben nicht digital genug ist." Die Genehmigungsverfahren dauerten viel zu lang. Esken betonte, vor allem die Zusammenarbeit der staatlichen Ebenen müsse "schneller werden". Die notwendige Infrastruktoroffensive war ein Hauptthema der am Montag zu Ende gehenden Klausurtagung der SPD. Die Partei hat bereits angekündigt, hier einen "Turbo" einlegen zu wollen.

Die SPD-Bundestagsfraktion will ihrerseits nach dem Verfehlen des Ziels von 400.000 neuen Wohnungen im Jahr 2022 laut einem Zeitungsbericht mit umfassenden Planungserleichterungen mehr Wohnraum in Deutschland schaffen. Auch Infrastrukturprojekte sollten durch weniger Klagemöglichkeiten und gestraffte Verfahren viel schneller als bisher möglich werden. "Alles muss schneller werden, manches aber besonders schnell. Deshalb brauchen wir einen Zukunftsplan, in dem wir prioritäre Projekte definieren und Experimentierräume schaffen", heißt es einer Beschlussvorlage für die Klausur der SPD-Bundestagsfraktion am kommenden Donnerstag laut Süddeutscher Zeitung.


Keine neuen Genehmigungsverfahren für Aufstockungen 

Ein Bauantrag solle künftig rein digital gestellt werden können, die Landesbauordnungen sollten bundesweit vereinheitlich und das Bauen durch einheitliche Baumodule forciert werden: "Gemeinsam mit den Bundesländern werden wir dafür Sorge tragen, dass bei modularem und seriellem Bauen und Sanieren nicht 16 verschiedene Verfahren durchlaufen werden müssen." Um gerade in den Innenstädten schneller mehr neuen Wohnraum zu schaffen, sollten zum Beispiel Dachaufstockungen verstärkt ohne neue Genehmigungsverfahren möglich werden, das soll auch für die Erhöhung von Mobilfunkmasten gelten.

Der Sechs-Punkte Plan stehe unter dem Motto "Mehr Tempo für Zusammenhalt und Zukunft". Bundesweit sollten Vorhaben, "die einen eindeutig CO2-reduzierenden Effekt haben und Projekte, die drängende Probleme im Verkehrsbereich lösen, wie Brückenbauten und andere Ingenieurbauwerke" vorrangig vor anderen Projekten behandelt werden. Bei wichtigen Tunnel-, Brücken oder Schleusen-Modernisierungsprojekten solle im Rahmen des EU-Rechts auf erneute Planfeststellungsverfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung verzichtet werden. "Die Zeitenwende prägt nicht nur die Internationale Ordnung. Strukturwandel und der Schutz des Klimas sind Voraussetzung für ein starkes Deutschland und soziales Leben", sagte SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich der Zeitung.

Als jüngste Positivbeispiele werden laut den Angaben die schnelle Genehmigung und der Bau von Flüssiggas-Terminals und die Tesla-Fabrik in Brandenburg genannt. Um beim Ausbau der erneuerbaren Energien schneller voranzukommen, solle es weit kürzere Fristen zur Flächenausweisung für Windräder an Land geben. Photovoltaik-Anlagen sollten der gesetzliche Standard beim Hausbau werden. Ein Zusammenspiel aus Solaranlagen auf dem Dach, Wärmepumpen und E-Autos solle die Energie-Autarkie verstärken und die Netze entlasten. Kern des SPD-Plans sei es, schnellere Planungsverfahren auf allen Ebenen zu erreichen.

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January 09, 2023 03:49 ET (08:49 GMT)