(neu: weitere Details, Aussagen aus Pressekonferenz, DZ-Bank-Hochstufung, aktueller Kurs)

GÖPPINGEN (dpa-AFX) - Der am Finanzmarkt unter Druck stehende Softwareanbieter Teamviewer will mit einem umfangreichen Rückkauf eigener Anteile den Aktienkurs stützen. Das Programm habe ein Volumen von bis zu 300 Millionen Euro oder maximal 20 Millionen Aktien, teilte das auf Fernwartungssoftware spezialisierte Unternehmen am Mittwoch in Göppingen mit. Das entspreche knapp zehn Prozent aller Aktien. Über diesen Schritt war zuletzt spekuliert worden, nachdem Teamviewer dies bei der Vorlage der Eckdaten für das vergangene Jahr vor drei Wochen angedeutet hatte. Das Volumen fiel aber höher aus als von Experten erwartet.

Das seit 2019 an der Börse gelistete Unternehmen rechnet im laufenden Jahr mit einem etwas langsameren Wachstum als zuletzt sowie mit einer weiter sinkenden Marge. Am Finanzmarkt spielte das am Mittwoch aber keine Rolle. Die Aktie legte wegen des Aktienrückkaufprogramms von Anfang kräftig zu und baute das Kursplus am Nachmittag auf bis zu 18 Prozent auf 15,75 Euro aus. Damit lag Teamviewer mit Abstand an der MDax-Spitze. Mit dem Anstieg setzte das Papier seinen jüngsten Erholungskurs fort. Seit der Vorlage der Eckdaten und der Andeutung eines möglichen Aktienrückkaufs Mitte Januar zog der Kurs um etwas mehr als ein Drittel an.

Trotz der jüngsten Kursgewinne liegt die Aktie aber immer noch rund 70 Prozent unter dem Rekordhoch aus dem Sommer 2020 und circa 40 Prozent unter dem Ausgabepreis. Ein Grund für den Kursrückgang ist unter anderem die Sorge über das Wachstum nach der Corona-Pandemie, die das Geschäft vor allem im Jahr 2020 befeuert hatte. Zudem belasteten die hohen Kosten, die unter anderem auf teures Sportsponsoring zurückgehen, beispielsweise beim englischen Fußballverein Manchester United und dem Formel-1-Team von Mercedes.

Für die Analysten enthielten die detaillierten Zahlen für das vergangene Jahr keine großartigen Neuigkeiten mehr, da Teamviewer zuvor bereits Eckdaten veröffentlicht hatte. Die meisten bestätigten zunächst ihre jeweiligen Einschätzungen. Den Ausblick der Firma stufte die Mehrheit der Branchenkenner dabei als überwiegend positiv ein. Nach den Erfahrungen im vergangenen Jahr werde es aber wohl einige Quartale brauchen, bis die Investoren dem Ausblick voll vertrauten, schrieb etwa Barclays-Experte James Goodman in einer Studie. Er bestätigte seine Einstufung mit "Equal Weight" und das Kursziel von 20 Euro.

Positiv reagierte dagegen DZ-Bank-Analyst Armin Kremser. Er stufte das Papier von "Halten" auf "Kaufen" hoch und erhöhte den fairen Wert auf 20 Euro. Bisher hatte er mit 13,50 Euro noch das niedrigste Ziel der bei Bloomberg erfassten Experten ausgerufen. "Neben dem guten Abschlussquartal werten wir die Entscheidungen des Vorstands zum Kostenmanagement und zum Aktienrückkaufprogramm als vertrauensbildende Maßnahmen", begründete er die Hochstufung. Die Aktie sei im Vergleich zu anderen Branchenwerten deutlich unterbewertet - zumal das Unternehmen beim geplanten Wachstum und seiner Margenprognose in der "oberen Liga" des Sektors spiele.

Der Aktienrückkauf, der aus liquiden Mitteln finanziert wird, soll am 3. Februar starten. Bis Ende des Jahres soll das Programm abgeschlossen sein. "Die zurückgekauften Aktien sollen größtenteils eingezogen werden", hieß es vom Unternehmen dazu. Damit sinkt die Zahl der Anteile und im Gegenzug steigt der Gewinn je Anteil. Der Schritt sei wegen der guten Finanzlage möglich. Eine Dividende sei derzeit aber nicht geplant. Firmenchef Oliver Steil sieht in dem Aktienrückkauf einen Beleg für das Vertrauen des Unternehmens in die eigene Entwicklung. Zugleich sei dies eine Möglichkeit, die Aktionäre stärker am Erfolg von Teamviewer zu beteiligen.

Der Konzern geht im laufenden Jahr allerdings von einer weiter sinkenden Profitabilität aus. Die Marge gemessen am Anteil des um Sondereffekte bereinigten Gewinns vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) an den sogenannten Billings werde zwischen 45 und 47 Prozent erwartet. Damit würde der Wert 2022 im besten Fall stagnieren. Experten hatten bisher allerdings einen noch stärkeren Rückgang auf dem Zettel. 2021 war die Marge - wie bereits bekannt - um zehn Prozentpunkte auf 47 Prozent gefallen. 2020 war allerdings auch außergewöhnlich stark. Mittelfristig will Teamviewer die Marge wieder steigern

Die Billings sind die in einem Zeitraum in Rechnung gestellten Umsätze der kommenden zwölf Monate. Da der Umsatz in der Gewinn- und Verlustrechnung auf die Vertragslaufzeit verteilt werden muss, gibt dieser nach Ansicht des Managements die aktuelle Nachfrage nur unzureichend wieder. Aus diesem Grund fokussiert sich das Management bei der Bewertung des Wachstums vor allem auf die Größe Billings.

2022 rechnet der Konzern beim Wachstum tendenziell mit einem etwas langsameren Tempo als zuletzt. So werde das Volumen der Billings zwischen 630 Millionen Euro und 650 Millionen Euro erwartet. Das wäre ein Plus von maximal knapp 19 Prozent. 2021 zogen die Billings - wie bereits bekannt - um 19 Prozent auf 548 Millionen Euro an. Den größten Teil des Geschäfts erzielte Teamviewer weiter mit kleinen und mittelständischen Unternehmen. Doch das Geschäft mit Großkunden wachse deutlich stärker, wie Vorstandschef Steil betonte.

Beim Umsatz geht Teamviewer von einem Anstieg um bis zu 16 Prozent auf 580 Millionen Euro aus. 2021 war der Erlös um zehn Prozent auf 501 Millionen Euro gestiegen. Der Konzern peilt mittelfristig bei den Billings einen Anstieg im Bereich von bis zu knapp einem Fünftel an. Die ausgewiesenen Erlöse sollen ein Wachstum im mittleren Zehn-Prozent-Bereich vorweisen. Die Ziele für die in Rechnung gestellten Umsätze und verbuchten Erlöse liegen im Rahmen der Analystenerwartungen.

Der Softwarehersteller hatte zu Beginn der Corona-Pandemie von einer Sondernachfrage nach Fernwartungs- und Videokonferenz-Software profitiert. Teamviewer konnte die Geschwindigkeit beim Wachstum aber in der Folge nicht auf hohem Niveau halten. Zudem hatte die Firma in der jüngeren Vergangenheit mit vielen Kündigungen und auslaufenden Abonnements zu kämpfen, da viele Unternehmen nach der Hochphase der Pandemie wieder in einen geregelteren Arbeitsablauf eintraten und die Software nicht mehr im bisherigen Umfang brauchten.

In der Folge hatte der Konzern im vergangenen Jahr bei seinen Zielen zurückrudern müssen. Vorstandschef Steil sprach unter anderem deshalb von einem sehr herausfordernden Jahr für Teamviewer, wie sich auch beim Blick auf das um rund zwei Prozent auf 257 Millionen Euro gesunkene bereinigte operative Ergebnis zeigt. Der Stuhl des Vorstandschefs hatte im vergangenen Jahr wegen des Kursverlusts zwischenzeitlich heftig gewackelt.

Doch anders als Finanzvorstand Stefan Gaiser, der den Konzern bald verlassen wird, darf er bleiben. Die Suche nach einem neuen Finanzchef läuft noch. Gaiser und Steil hatten das Unternehmen an die Börse gebracht. Auch da der Kurs in den ersten Monaten deutlich angezogen hatte, kassierten beide 2019 und 2020 zum Teil hohe zweistellige Millionengehälter und gehörten zu den bestbezahlten deutschen Managern.

Größter Anteilseigner des derzeit mit rund 3,1 Milliarden Euro bewerteten Unternehmens ist der Finanzinvestor Permira, er hält noch knapp ein Fünftel der Aktien. Permira hatte Teamviewer 2014 für rund 870 Millionen Euro gekauft und im Herbst 2019 an die Börse gebracht. Beim größten deutschen Tech-Börsengang seit dem Platzen der Dotcom-Blase um die Jahrtausendwende konnte der Investor 2,2 Milliarden Euro erlösen. Durch Anteilsverkäufe am Markt nahm Permira weitere rund drei Milliarden Euro ein./zb/ses/ngu/mis/lew/eas/tav/he