WIESBADEN (dpa-AFX) - Kunden aus Deutschland müssen weiterhin tief in die Tasche greifen, wenn sie mit dem Flugzeug verreisen wollen. Vor allem Europaflüge und Pauschalreisen sind auch im ersten Halbjahr 2024 noch einmal teurer geworden, wie das Statistische Bundesamt berichtet. Für die meisten Touristen fallen die gleichzeitig registrierten Preisrückgänge von bis zu 15,8 Prozent nach Nord-, Süd- und Mittelamerika sowie nach Asien (minus 12,3 Prozent) nicht ins Gewicht, denn die klassischen Urlaubsziele liegen rund ums Mittelmeer.

So haben sich die internationalen Ticketpreise durchschnittlich zwar um 3,1 Prozent verringert, aber für Flüge ins europäische Ausland kassierten die Fluggesellschaften im Schnitt 2,7 Prozent mehr als vor einem Jahr. Auch Ziele in Afrika sind 4,1 Prozent teurer geworden. Ohnehin wurde das sehr hohe Preisniveau aus dem Jahr 2023 kaum verlassen: Im Vergleich zum ersten Halbjahr 2022 waren sämtliche Tickets im Schnitt 20,9 Prozent teurer.

Nur Ägypten ist billiger geworden

Bei den Pauschalreisen, die meist zu Zielen in Europa oder Nordafrika führen, mussten die Gäste 5,2 Prozent mehr zahlen als im ersten Halbjahr 2023. Im Vergleich zu 2022 ist das ein Anstieg von 19 Prozent. Den größten Preisanstieg von 7,6 Prozent registrierten die Statistiker für Reisen in die Türkei. Auch die spanischen Inseln Kanaren (+6,7 Prozent) und Balearen (+6,3 Prozent) sowie Griechenland (+4,5 Prozent) legten zu. Günstiger wurden Reisen nach Ägypten.

Die Verbände der Luftverkehrswirtschaft wie der Touristik nennen als Erstes die Erhöhung der Ticketsteuer zum 1. Mai als wichtigen Grund für die gestiegenen Preise. Sie werde nicht ohne Folgen für die Flugpreise bleiben, sagt ein Sprecher des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL). Je nach Entfernungsklasse wird seitdem jedes Ticket mit einer Steuer zwischen 15,53 und 70,83 Euro belastet.

Effizienz eingebüßt

In den vergangenen Jahren wurde nicht nur die Luftverkehrsteuer mehrfach erhöht. Nach der Corona-Pandemie setzten die Gewerkschaften in allen Bereichen des Luftverkehrs am Boden und in der Luft kräftige Gehaltssteigerungen durch, während gleichzeitig nicht die frühere Effizienz erreicht wurde. Die Kerngesellschaft Lufthansa Airlines führe mit der gleichen Mannschaft wie 2019 rund 20 Prozent weniger Flüge aus, schimpfte kürzlich Konzernchef Carsten Spohr. Das bedeute 20 Prozent weniger Effizienz.

Gleichzeitig sind an den Flughäfen die Kosten für die Passagier- und Gepäckkontrollen gestiegen, für die Leistungen der Fluglotsen auf der Strecke wie beim Starten und Landen und für die Abfertigung an den Flughäfen. Beim Start eines Mittelstreckenjets vom Typ Airbus A320 werden an deutschen Flughäfen rund 4000 Euro staatliche Abgaben fällig, klagt die Lufthansa. Der gleiche Start in Madrid oder Barcelona werde nur mit 600 Euro belastet. All diese Kosten müssen über die Tickets wieder hereingeholt werden, dazu kommen noch milliardenschwere Investitionen in neue Flugzeuge.

Deutschland ist teures Pflaster

Dass Deutschland ein teures Pflaster für Passagierflüge geworden ist, hat auch langfristige Auswirkungen. Während das Sitzplatzangebot hierzulande erst rund 80 Prozent des Vor-Corona-Niveaus erreicht, wird in den meisten anderen europäischen Ländern längst wieder so viel geflogen wie vor der Pandemie. Die Folgen hat das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) analysiert. Von deutschen Flughäfen werden insgesamt deutlich weniger Ziele angeflogen als vor der Pandemie. Vor allem die nach Passagieren stärkste europäische Airline Ryanair macht weiterhin einen großen Bogen um das teure Deutschland.

Die Iren wie auch die Konkurrenz Easyjet oder Wizz Air setzen ihre Flugzeuge in Märkten mit geringeren Eingangskosten ein, weil sie dort schneller ihre Gewinnschwelle erreichen. Ihr Angebot von Flügen mit billigen Tickets wächst in Italien, Spanien oder Polen, während es für die Konsumenten in Deutschland deutlich geschrumpft ist. Nutznießer ist die Lufthansa-Tochter Eurowings als größter Anbieter von Direktflügen aus Deutschland. Laut DLR-Untersuchung sind ihre Tickets im Schnitt gut 43 Euro teurer als bei Ryanair.

Selbst auf der vor Kurzem noch so lukrativen Langstrecke ist die Lufthansa mit ihren hohen Kosten und einem immer noch knappen Angebot ins Hintertreffen geraten. In der vergangenen Woche hat der umsatzstärkste Luftverkehrskonzern Europas seine Gewinnerwartung für das laufende Jahr um ein rundes Drittel gekappt. Man sehe in allen Verkehrsgebieten Druck auf die Durchschnittserlöse, sagt ein Sprecher.

Chinesen mit Preisvorteilen

Konkurrenten wie British Airways haben ihr Angebot wieder auf das Vor-Corona-Niveau gehievt, wozu dem Lufthansa-Konzern immer noch rund 15 Prozent fehlen. In Richtung Asien bauen insbesondere die chinesischen Airlines ihr Flugangebot aus und sind weit günstiger unterwegs, weil sie den russischen Luftraum nicht umfliegen müssen wie ihre westliche Konkurrenz.

Bei den Pauschalreisen sieht sich der Deutsche Reiseverband in seiner Prognose bestätigt, dass die Preise im laufenden Jahr nur noch "moderat" im einstelligen Prozentbereich steigen dürften. Die Inflation habe sich zwar abgeschwächt, spiele beim Einkauf von Flügen und Hotelzimmern aber weiterhin eine Rolle, sagt ein Verbandssprecher. Im ersten Halbjahr 2023 waren zudem die Preissteigerungen bei den Pauschalreisen ins Ausland mit plus 10 Prozent hinter denen bei den Flugtickets (+24,9 Prozent) zurückgeblieben./ceb/DP/nas