Frankfurt (Reuters) - Die niederländische Großbank ABN Amro schluckt die traditionsreiche Privatbank Hauck Aufhäuser Lampe (HAL) und baut damit ihr Geschäft mit vermögenden Kunden in Deutschland aus.

ABN Amro habe sich mit der chinesischen HAL-Muttergesellschaft Fosun International geeinigt, das in Frankfurt ansässige Geldhaus für 672 Millionen Euro zu erwerben, kündigte ABN Amro am Dienstag an. Durch die Übernahme steige Deutschland zum zweitgrößten Markt für den niederländischen Finanzkonzern auf. Der Zukauf solle im ersten Quartal 2025 unter Dach und Fach gebracht werden. Nicht Teil sind die luxemburgischen und irischen Asset-Servicing-Töchter von HAL, die bei Fosun bleiben.

"Dies ist eine seltene Gelegenheit, unsere deutschen Aktivitäten auszubauen", erklärte ABN-Amro-Chef Robert Swaak. "Die Übernahme von Hauck Aufhäuser Lampe in dem für uns zentralen deutschen Markt unterstützt unsere Wachstumsambitionen und zeigt unser langfristiges Interesse, unsere Marktposition in dieser wichtigen Region strategisch auszubauen." ABN Amro will das Geschäft von HAL mit der zum Konzern gehörenden Bethmann Bank kombinieren, dem Vermögensverwaltungs-Geschäft des Konzerns in Deutschland. So soll ein neues Schwergewicht im deutschen Markt für vermögende Kunden geschaffen werden. Zur Bethmann Bank mit ihren 13 Standorten und 730 Beschäftigten kommen einer Präsentation zufolge jetzt rund 1200 Beschäftigte der HAL in elf Standorten hinzu.

Einzelheiten wie die künftige Zahl an Standorten und Mitarbeitern wurden nicht genannt. Klar ist aber, dass es etwa in der Informationstechnologie, bei den Bank-Prozessen und den Finanzsystemen Einsparpotenzial gibt. Doch Hans Hanegraaf, Vorstandschef der Bethmann Bank und Sprecher der Geschäftsleitung ABN Amro Deutschland, betonte auf einer Pressekonferenz: "Es geht bei diesem Zusammenschluss primär nicht um Kostensynergien sondern um gemeinsames Wachstum in der Zukunft." Die Niederländer hatten die 1748 gegründete Bethmann Bank 2004 von der HypoVereinsbank übernommen. Zwei Jahre zuvor hatten sie bereits die Kölner Privatbank Delbrück geschluckt. Deutschland ist in Europa der größte Markt im Private Banking. Laut ABN Amro wächst der Markt derzeit in Europa und auch in Deutschland jährlich um fünf bis sechs Prozent.

KÜNFTIG NUMMER DREI IN DER VERMÖGENSVERWALTUNG FÜR REICHE

In der Vermögensverwaltung für reiche Kunden wird laut ABN Amro das kombinierte Geschäft künftig die Nummer drei in Deutschland sein nach Deutscher Bank und Commerzbank. Das kombinierte Geschäft kommt auf ein verwaltetes Vermögen von rund 70 Milliarden Euro. HAL habe 2023 Vermögenswerte von rund 26 Milliarden Euro verwaltet, bei der Bethmann Bank seien es etwa 44 Milliarden. ABN Amro steige zudem mit HAL zu einem der führenden Anbieter von Bankdienstleistungen in Deutschland für Familienfirmen und den deutschen Mittelstand auf. Auch das Angebot für Instituitionelle Kunden werde erweitert. Die Leistungsspektren von ABN AMRO in Deutschland und Hauck Aufhäuser Lampe ergänzten sich sehr gut, sagte Hanegraaf. "Gemeinsam mit Hauck Aufhäuser Lampe sind wir eindeutig weiter auf Wachstumskurs und haben den Anspruch, die Zukunft des Bankings in Deutschland zu gestalten." Die Privatbank HAL, deren Geschichte bis in das Jahr 1796 zurückreicht, erzielte 2023 einen Nettogewinn von 83 Millionen Euro. ABN Amro rechnet durch den Zukauf nach drei Jahren mit Synergien von rund 60 Millionen Euro vor Steuern. Der HAL-Mutterkonzern Fosun erklärte, der Verkaufserlös werde für das allgemeine Betriebskapital eingesetzt. Fosun hatte 2016 die Frankfurter Privatbank Hauck & Aufhäuser übernommen. Dann hatte Hauck & Aufhäuser 2020 das 1852 gegründete Bankhaus Lampe aus Bielefeld erworben, das damals zum Familienkonzern Oetker gehört hatte.

Mit der Übernahme setzt sich die Konsolidierung im Bereich kleinerer Banken in Deutaschland fort. Der Internationale Währungsfonds (IWF) sieht diese Entwicklung in Deutschland grundsätzlich positiv. Dadurch könnten zusätzliche Kostensenkungen erzielt werden. Dies sei zum Teil im Inland bereits schrittweise erfolgt. Auf grenzüberschreitender Basis könnte dieser Prozess durch weitere Fortschritte auf dem Weg zu einer gemeinsamen Bankenunion in Europa beschleunigt werden, so der IWF.

(Bericht von Frank Siebelt, Mitarbeit Reinhard Becker, redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)