MANNHEIM (dpa-AFX) - Der kriselnde Bau- und Industriedienstleister Bilfinger kommt nicht zur Ruhe: Nach dem überraschenden Chefwechsel vor wenigen Wochen sprangen unmittelbar vor Beginn der Hauptversammlung zwei Aufseher ab. Dies wurde auch mit unterschiedlichen Auffassungen "zu Strategie und Positionierung" begründet. Zum Wochenstart hatte der MDax-Konzern ein auch mit Stellenstreichungen verbundenes Sparprogramm angekündigt. Doch zum entscheidenden Thema Konzernumbau hält sich der Konzern auch nach einem Verlust zum Jahresstart weiter bedeckt. Die Aktie legte mehr als zwei Prozent zum Handelsstart auf 39,45 Euro zu. Ein Händler verwies auf die Unsicherheit nach den jüngsten Abgängen.

"2016 wird ein Übergangsjahr", bekräftigte Finanzchef Axel Salzmann laut Mitteilung am Mittwoch vor Beginn der Hauptversammlung. Er hat nach dem überraschenden Abgang von Konzernchef Per Utnegaard Ende April auch dessen Funktionen übergangsweise übernommen. Spätestens im dritten Quartal soll der Linde-Manager Thomas Blades das Ruder übernehmen. Es ist der vierte Chef seit 2014. Nach einem Rekordverlust von fast einer halben Milliarde Euro 2015 und dem Wegfall der Dividende ist die Stimmung der Aktionäre gedrückt.

Doch nicht nur personell, auch vom Zuschnitt stehen bei Bilfinger wichtige Weichenstellungen an. So steht das seit der Energiewende in Deutschland dauerkriselnde Kraftwerksgeschäft bereits seit vergangenem Sommer zum Verkauf. Zudem hatte der Konzern im Januar überraschend Kaufinteressenten für die Bau- und Gebäudedienste gemeldet.

Der Investor Cevian gilt als treibende Kraft des Bilfinger-Umbaus. Die Gesellschaft war 2011 bei den Mannheimern eingestiegen und hält nun knapp 26 Prozent an dem Konzern. Die Schweden gelten als kämpferisch. Die Bekanntgabe der Kaufinteressenten hatte bei Bilfinger für Unruhe gesorgt und Sorgen vor einer Zerschlagung des Konzerns geweckt, der auf eine gut 125-jährige Geschichte zurückblickt. Nach Stellenstreichungen hat Bilfinger noch knapp 54 000 Mitarbeiter.

Die Zurückhaltung in der Öl- und Gasindustrie sorgte bei Bilfinger für einen schwachen Jahresstart. Verluste im Kraftwerksgeschäft, Buchverluste im Zuge des Verkaufs des Wassergeschäfts, Abschreibungen sowie Umbaukosten sorgten unter dem Strich für einen Verlust von 76 Millionen Euro. Ein Jahr zuvor war ein Fehlbetrag von 17 Millionen aufgelaufen. Die Leistung sank in den ersten drei Monaten des Jahres um 5 Prozent auf 1,35 Milliarden Euro. Während der Auftragsbestand leicht zulegte, sackte der Auftragseingang, der auf die künftige Entwicklung schließen lässt, um 14 Prozent ab. Bilfinger begründete dies mit großen Serviceaufträgen ein Jahr zuvor.

Für 2016 bleibt Bilfinger zurückhaltend. Wegen der Nachfrageschwäche im Industriegeschäft im Zuge des Ölpreisverfalls dürfte die Leistung im Konzern "deutlich" sinken, bekräftigte Salzmann. Der bereinigte Gewinn vor Zinsen, Steuern und Firmenwertabschreibungen (Ebita) dürfte bei einer höheren Marge im laufenden Jahr unterdessen "leicht" steigen. Unter dem Strich steht aber eine ganze Latte von Belastungen: So falle im Zuge des Umbaus ein hoher zweistelliger Millionen-Euro-Betrag an. Die Aufarbeitung von Korruptionsfällen schlage mit rund 50 Millionen Euro negativ zu Buche und steuerliche Bewertungen dürften das Ergebnis zusätzlich belasten./jha/men/fbr