BRÜSSEL (dpa-AFX) - Dass nicht alle Staaten den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine verurteilen, hat nach Einschätzung des niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte auch mit der EU zu tun. Die Lehre sei, dass man in Europa in den vergangenen Jahrzehnten in der Außenpolitik und im Umgang mit anderen "ziemlich arrogant" gewesen sei, sagte er am Montag am Rande eines Gipfels der EU und der Gemeinschaft der südamerikanischen und karibischen Staaten. Dies gelte nicht nur für Lateinamerika und die Karibik, sondern auch für Afrika und Teile Asiens.

"Wir sind nicht ans Telefon gegangen, wenn sie uns brauchten. Jetzt haben sie das Gefühl, wenn wir sie brauchen, müssen sie genau das tun, was wir von ihnen verlangen", ergänzte Rutte. "Das ist also auch ein Weckruf für uns selbst, damit wir diesen Fehler nie wieder machen." Wenn man mit jemandem einen Dialog führen wolle, dann höre man zu 90 Prozent zu und rede nur zu 10 Prozent.

Rutte äußerte sich auf die Frage einer Journalistin, ob er Fortschritte beim Thema Ukraine und Russland sehe. Die EU hat sich bislang vergeblich darum bemüht, wichtige Partner in Südamerika zu mehr Unterstützung bei Einflussversuchen auf Russland zu bewegen. So haben Politiker wie Mexikos Präsident Andrés Manuel López Obrador, Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva und Argentiniens Präsident Alberto Fernández den russischen Angriff zwar verurteilt - allerdings lehnen sie harte Sanktionen gegen Russland ab. Stattdessen betonen sie immer wieder die Folgen des Krieges, beispielsweise auf Nahrungsmittel- und Energiepreise auf der ganzen Welt.

In der Generalversammlung der Vereinten Nationen hatten im Februar nur 141 der 193 Mitgliedstaaten für die Annahme einer Resolution für einen umfassenden, gerechten und nachhaltigen Frieden in der Ukraine gestimmt./aha/DP/stw