Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones)--Der Verband der Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI) hat für dieses Jahr eine rückläufige Produktion vorhergesagt. Angesichts des aktuell schwierigen konjunkturellen Umfelds mit Inflation, vergleichsweise noch hohen Zinsen und hohen Energiepreisen zeige sich der Verband für 2024 zurückhaltend, erklärte ZVEI-Präsident Gunther Kegel. "Die Branche steht vor einer Wachstumsdelle. Auf Jahressicht erwarten wir, dass die reale Produktion um 2 Prozent nachgeben wird", sagte Kegel bei der Jahresauftaktpressekonferenz des Verbandes.

2023 sei für die deutsche Elektro- und Digitalindustrie hingegen "insgesamt recht ordentlich gewesen", bilanzierte Kegel das vergangene Jahr. "Zum dritten Mal in Folge konnte die reale, preisbereinigte Produktion gesteigert werden - auf Basis der Zahlen bis einschließlich November um 1,4 Prozent." Damit habe sich die Branche in einem schwierigen Umfeld als robust erwiesen. "Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die Unternehmen noch historisch hohe Auftragsbestände abarbeiten konnten, als die Neubestellungen spätestens ab dem zweiten Quartal bereits zurückgingen", sagte Kegel. Die nominalen Erlöse der Branche stiegen laut den Angaben im vergangenen Jahr um 8 Prozent und erreichten mit 242 Milliarden Euro erneut eine Rekordmarke.

Abermals habe sich die in ihrer Zusammensetzung heterogene Branche uneinheitlich entwickelt. Den stärksten Produktionszuwachs verzeichneten laut ZVEI Batterien mit 7 Prozent, gefolgt von elektronischen Bauelementen mit 6 Prozent, Energietechnik mit 4 Prozent und Automation mit 3 Prozent. Die Gebrauchsgüter dagegen verzeichneten einen deutlichen Rückgang um 13 Prozent. "Erfreulich ist, dass bei der Beschäftigung nochmals zugelegt werden konnte", betonte Kegel. Allein in Deutschland habe die Branche zuletzt 910.000 Menschen beschäftigt und damit 12.000 mehr als 2022.

Die Elektro- und Digitalindustrie sei so global aufgestellt wie kaum eine andere Branche. Auch 2023 seien die Ausfuhren (einschließlich der Re-Exporte) nochmals gesteigert worden, und zwar um 4 Prozent auf 256 Milliarden Euro. 133 Milliarden Euro davon seien in der Europäischen Union verblieben. "Angesichts wachsender geopolitischer Spannungen wird der europäische Binnenmarkt immer wichtiger" erklärte der ZVEI-Präsident. Wolle die EU zwischen den USA und China weiterhin eine eigenständige Rolle einnehmen, müsse sie den Binnenmarkt konsequenter auf Wachstum ausrichten und von industriefremder Regulierung wie dem EU-Lieferkettengesetz ablassen. Die nächste EU-Kommission müsse den "Regulierungstsunami" und eine in Teilen nahezu entfesselte Bürokratie stoppen.

Einem "Dexit" erteilte der ZVEI-Präsident eine klare Absage: "Wer meint, dass Deutschland auf sich allein gestellt besser fahren könnte, offenbart gefährliche wirtschaftspolitische Ahnungslosigkeit", sagte Kegel. Dass die Unternehmen der Elektro- und Digitalindustrie weiterhin fest zum Industriestandort Deutschland und Europa ständen, zeige eine aktuelle ZVEI-Mitgliederbefragung. Vier von fünf Unternehmen gäben an, vorzugsweise im eigenen Land investieren zu wollen. Für mehr als die Hälfte sei Europa, aber auch China ein attraktiver Investitionsstandort. Insgesamt wollten 60 Prozent ihre Investitionstätigkeit weltweit erhöhen. Die Unternehmen wollten "weiter die Chancen nutzen, die sich in dieser Phase der industriellen Transformation ergeben".

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January 29, 2024 04:00 ET (09:00 GMT)