Nachrichten und Einschätzungen zu dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine sowie den Auswirkungen:


Memorial-Mitgründerin: Verhandlungslösung im Ukraine-Krieg ausgeschlossen 

Die Mitbegründerin der mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichneten russischen Menschenrechtsorganisation Memorial, Irina Scherbakowa, hält ein Ende des Ukraine-Krieges auf dem Verhandlungsweg für ausgeschlossen. "Der Krieg wird nur enden mit einer deutlichen militärischen Niederlage Russlands", sagte Scherbakowa dem Badischen Tagblatt und den Badischen Neuesten Nachrichten. Der russische Staatschef Wladimir Putin verstehe "nur die militärische Sprache". Die Hilfe für die Ukraine nach Beginn des russischen Angriffskrieges "mit Schutzhelmen und kugelsicheren Westen" bezeichnete Scherbakowa als "Witz". Inzwischen habe sich das verbessert, allerdings sei noch mehr deutsche Unterstützung notwendig, sagte die 74-Jährige, die in Deutschland im Exil lebt.


EU stockt Militärhilfe für die Ukraine um 500 Millionen Euro auf 

Die Europäische Union hat ihre Militärhilfe für die Ukraine erneut aufgestockt. Die EU-Außenminister billigten am Montag eine weitere Tranche von 500 Millionen Euro, mit der gemeinsame Waffenkäufe und Munition finanziert werden, wie Diplomaten mitteilten. Damit erhöhen sich die seit Beginn des russischen Angriffskriegs bereitgestellten Mittel auf 3,6 Milliarden Euro. Das Geld fließt aus einem Topf außerhalb des EU-Haushalts, der sogenannten Friedensfazilität, den Deutschland als größte Volkswirtschaft zu rund einem Fünftel finanziert. Darüber hinaus forderte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba von seinen EU-Kollegen bei einer Videoschalte Panzer, weitere Sanktionen gegen Russland und Fortschritte im Beitrittsprozess, wie er im Kurzbotschaftendienst Twitter schrieb.


Bundeswehr beginnt mit Verlegung von Patriot-Systemen nach Polen 

Die Bundeswehr hat die Auslieferung von zwei Raketenabwehrsystemen des Typs Patriot nach Polen in Gang gesetzt. Die Abwehrstaffeln sollen nach Angaben des Verteidigungsministeriums aus Gnoien in Mecklenburg-Vorpommern in den Südosten Polens nahe der ukrainischen Grenze verlegt werden. Es handelt sich um die ersten beiden von insgesamt drei Patriot-Systemen, die zum Schutz des polnischen Luftraums beitragen und die Nato-Luftverteidigung an der Ostflanke stärken sollen. Das bodengestützte Patriot-System ist mobil einsetzbar, die Abschussrampen können auf Lastwagen montiert werden. Eine Patriot-Batterie kann bis zu 50 Ziele im Blick behalten und fünf Flugobjekte gleichzeitig bekämpfen.


Russland und Estland weisen Botschafter des jeweils anderen Landes aus 

Russland hat die Ausweisung des estnischen Botschafters angekündigt. Das russische Außenministerium warf Tallinn eine "totale Russophobie und eine Kultur der Feindseligkeit gegenüber unserem Land" vor. Moskau forderte den estnischen Botschafter auf, Russland bis zum 7. Februar zu verlassen. Estland reagierte umgehend. Das dortige Außenministerium forderte seinerseits den russischen Botschafter zur Ausreise auf und setzte ihm die gleiche Frist. In den vergangenen Monaten waren bereits zahlreiche russische Diplomaten aus europäischen Ländern ausgewiesen worden, was entsprechende Gegenreaktionen Moskaus nach sich zog. Nun aber erklärte Russland erstmals seit dem Beginn des Überfalls auf die Ukraine den Botschafter eines EU-Landes zur unerwünschten Person.


Nouripour will schnellstmöglich Klarheit zu Panzerlieferungen 

Der Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour hat eine schnelle Entscheidung über die Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine gefordert. "Wir glauben, dass man in Rücksprache mit den Partnerstaaten das liefern sollte, was die Ukraine braucht", sagte Nouripour. Nötig sei "Klarheit so schnell wie möglich". Die Rufe nach mehr militärischer Unterstützung seien "mehr als verständlich". Die Grünen hätten sich stets für schnelle Lieferungen von schwerem Gerät, auch von Panzern, eingesetzt. "Natürlich müssen diese Lieferungen stets mit unseren Partnern ... abgesprochen werden", hob er hervor. "Aber es ist offensichtlich, dass diese Entscheidungen schnell fallen müssen." Entscheidend sei, "dass wir an dieser Stelle schneller werden".


Regierung würde Leopard-Antrag zügig und gründlich prüfen 

Die Bundesregierung hat eine zügige und zugleich gründliche Prüfung eines polnischen Antrags auf Lieferung von Leopard-2-Panzern an die Ukraine angekündigt. "Wenn ein solcher Antrag in Deutschland gestellt würde, was zur Stunde noch nicht der Fall ist, dann gibt es dafür eingespielte Verfahren", sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. An diese halte man sich. "Das wird mit der nötigen Zügigkeit, die es braucht, aber natürlich auch mit der nötigen Gründlichkeit, die solche Verfahren erfordern, dann abgearbeitet." Auch die Bundesregierung schließe nicht aus, dass sie Leopard-Panzer liefere, sie habe dies aber noch nicht entschieden. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) halte an seinem Prinzip einer engen Abstimmung fest. Man befinde sich mit den USA in Gesprächen darüber, unter welchen Kautelen Waffenlieferungen an die Ukraine erfolgen sollten.


Polen will Genehmigung für Leopard-Lieferung beantragen 

Polen will bei Deutschland die Genehmigung beantragen, Leopard-Kampfpanzer an die Ukraine liefern zu können. "Wir werden diese Genehmigung beantragen", sagte Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki vor Journalisten. Er antwortete auf die Frage, ob Warschau die Bundesregierung bereits um eine solche Erlaubnis gebeten habe oder dies plane. Zugleich bekräftigte er, auch ohne ein Ja aus Berlin handeln zu wollen. Die Erlaubnis sei allerdings "zweitrangig", sagte Morawiecki. "Selbst wenn wir eine solche Genehmigung am Ende nicht erhalten, werden wir unsere Panzer trotzdem der Ukraine geben - innerhalb einer kleinen Koalition von Ländern, selbst wenn Deutschland nicht Teil dieser Koalition ist." Polen will wie Finnland auch eigene Leopard-Panzer an die Ukraine abgeben. Da sie aus deutscher Produktion stammen, müsste die Bundesregierung dafür ihre Zustimmung erteilen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) steht wegen seines Widerstands gegen eine Lieferung von Leopard-Kampfpanzern an die Ukraine zunehmend unter Druck.


Hofreiter: Zögern des Kanzlers richtet erheblichen Schaden an 

Nach Ansicht des Grünen-Außenpolitikers Anton Hofreiter hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit seinem anhaltenden Zögern hinsichtlich der Lieferung von Leopard-Kampfpanzern an die Ukraine dem Ansehen Deutschlands bereits sehr geschadet. "Ganz erheblichen Schaden haben wir dadurch angerichtet, insbesondere in Ost- und Mitteleuropa, aber auch in anderen Ländern und inzwischen auch international", sagte der Vorsitzende des Europa-Bundestagsausschusses dem Nachrichtensender Phoenix. Man dürfe nicht vergessen, dass Deutschland der Ukraine bereits sehr viele Waffen geliefert habe. "Deshalb ist es umso tragischer, dass man mit ungeschicktem Handeln in einzelnen Bereichen und obwohl wir so viel tun, so viel Ansehen zerdeppert haben." Es gebe nach alledem, was Deutschland bereits getan habe, überhaupt keinen vernünftigen Grund mehr, die Entscheidung nicht schon längst getroffen zu haben.


Norwegische Armee: 180.000 russische Soldaten in Ukraine getötet oder verletzt 

Bei dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine sind nach norwegischen Schätzungen bisher fast 180.000 russische Soldaten getötet oder verletzt worden. Auf ukrainischer Seite seien vermutlich mehr als 100.000 Soldaten tot oder verwundet, sagte Generalstabschef Eirik Kristoffersen am Sonntag in einem Interview mit dem norwegischen Sender TV2. Zudem seien bislang 30.000 ukrainische Zivilisten getötet worden. Wie die Zahlen zustande kamen, erläuterte der General nicht. Trotz schwerer Verluste sei Russland in der Lage, diesen Krieg "ziemlich lange fortzusetzen", sagte Kristoffersen und verwies auf Moskaus Mobilisierungs- und Waffenproduktionskapazitäten. Der norwegische General forderte auch die rasche Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine, bei der bislang vor allem Deutschland bremst.


Pistorius: Entscheidung über Leopard-Lieferung wird im Kanzleramt getroffen 

Die Entscheidung über eine Lieferung von Leopard-Kampfpanzern an die Ukraine ist nach Angaben von Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) weiter offen. "Der Entscheidungsprozess läuft und den werden wir jetzt abwarten müssen", sagte Pistorius am Sonntagabend in der ARD-Sendung "Anne Will". Kritik an der zögerlichen Haltung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kam von Union, Grünen und FDP. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) zeigte sich derweil offen für eine Lieferung von Leopard-Panzern an die Ukraine durch Polen.


Kontakt zur Redaktion: konjunktur.de@dowjones.com

DJG/sha

(END) Dow Jones Newswires

January 23, 2023 11:19 ET (16:19 GMT)