Von Andrea Thomas

BERLIN (Dow Jones)--Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hält das europäische Vorgehen der Bundesregierung bei der Impfstoffbestellung für "ökonomische Vernunft". Er habe großen Zweifel daran, dass Deutschland wegen der engen Produktionskapazitäten der Corona-Impfstoffhersteller zum jetzigen Zeitpunkt deutlich mehr Impfstoff zur Verfügung gehabt hätte, wenn es auf einen nationalen Alleingang gesetzt hätte. Das Virus könne nur gemeinsam mit anderen Ländern besiegt werden. Es läge im ökonomischen, politischen und sozialen Interesse, europäisch vorzugehen.

So hätte ein Alleingang handfeste negative Folgen für unser Land gehabt. "Die deutsche Wirtschaft braucht offene Binnengrenzen und den freien Güterverkehr", sagte Spahn in einer Regierungserklärung im Deutschen Bundestag zum Impfbeginn in Deutschland und Europa. "Es ist eine Frage der ökonomischen Vernunft, dass wir nicht einzelne Nationen, sondern ganz Europa impfen. Nur so kommen wir wirtschaftlich wieder auf die Beine."

Deutschland und auch Frankreich mit ihrem ökonomischen Gewicht hätten Verträge mit den Impfstoffherstellern abschließen können. Aber bei kleineren Mitgliedsstaaten der Europäischen Union hätte es dann anders ausgesehen. Wenn ost- oder südeuropäische Länder nicht genügend Impfstoff bekommen hätten, hätten möglicherweise China oder Russland einspringen können.

Der Bundesregierung wird besonders von der Opposition vorgeworfen, unzureichende Mengen an Corona-Impfstoffen für Deutschland gesichert zu haben, weil man auf eine gemeinsame Bestellung der Europäischen Kommission gesetzt hat.

"Ich verstehe gut, dass man in der aktuellen Lage lieber auf das schaut, was kurzfristig im nationalen Interesse liegen könnte. Aber das vermeintlich kurzfristig nationale Interesse ist oftmals nicht unser langfristiges", so Spahn.

Auch das langsame Impftempo wird der Regierung von der Opposition angelastet. Zudem gibt es Kritik an dem unzureichenden Schutz von Pflege- und Altenheimen, wo das Virus besonders grassiert und vielen Menschen das Leben gekostet hat.

Spahn sagte in seiner Rede, dass die Bevölkerung jetzt füreinander durchhalten und einander vertrauen müsse. Nur so sei die Pandemie zu besiegen. "Wirklich besiegen können wir das Virus nur, wenn sehr, sehr viele bereit sind, sich zu impfen", so Spahn.

Das Robert Koch-Institut hat am Mittwoch 19.600 Neuinfektionen gemeldet sowie 1.060 Todesfälle, die in Zusammenhang mit dem Covid-19-Virus gebracht werden.

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January 13, 2021 07:55 ET (12:55 GMT)