- von Holger Hansen und Christian Krämer

Wenige Tage vor den entscheidenden Beratungen über das womöglich 100 Milliarden Euro schwere Konjunkturpaket der Bundesregierung werden erste Umrisse deutlich.

Die Union pocht in einem aktuellen Papier ihrer Finanzpolitiker im Bundestag vor allem auf steuerliche Hilfen. Auch eine Entlastung beim Strompreis scheint möglich. Laut einer Ideensammlung des Finanzministeriums, die der Nachrichtenagentur Reuters am Freitag vorlag, wird dies erwogen. Finanzminister Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) wären damit auf einer Linie. Als realistisch gelten auch weitere Gelder für Selbstständige und kleine Unternehmen. Die IG Metall forderte die Regierung auf, jetzt nicht zu kleckern, sondern zu klotzen.

Deutschland droht wegen der Coronavirus-Pandemie 2020 die schwerste Rezession der Nachkriegszeit. IG-Metall-Chef Jörg Hofmann sagte, das Konjunkturpaket müsse sich auf mindestens drei Prozent der Wirtschaftsleistung summieren. Das wären etwas mehr als 100 Milliarden Euro. In Regierungs- und Koalitionskreisen hieß es zuletzt, das Paket werde vermutlich ein Volumen von 50 bis 100 Milliarden Euro haben. Teilweise wird sogar von noch mehr ausgegangen.

CDU/CSU wollen vor allem bei den Unternehmen ansetzen. Sie sollen Verluste in der Krise schneller bei der Steuer geltend machen können. "Das Volumen des Verlustrücktrags sollte auf zehn Millionen Euro erhöht und der Rücktragszeitraum auf drei Jahre verlängert werden", sagte der CSU-Finanzpolitiker Hans Michelbach zu Reuters. "Das würde in diesem Jahr die Finanzkassen mit etwa zehn Milliarden Euro belasten." Ein erstes Maßnahmenpaket der Regierung hatte den Verlustrücktrag auf das Jahr 2019 begrenzt. "Das ist nur vorzeitiger Verzicht des Staates auf Geld, das er ohnehin zurückzahlen müsste", so Michelbach. "Die Unternehmen brauchen jetzt Liquidität."

SHOWDOWN AM DIENSTAG

Die Spitzen von Union und SPD wollen am Dienstag im Koalitionsausschuss das Konjunkturpaket beschließen. "Das werden bis nächste Woche noch harte Verhandlungen", sagte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil der "Zeit".

Die Sozialdemokraten pochen vor allem auf einen Kinderbonus von 300 Euro und eine Entlastung der Kommunen, fordern aber auch gezielte Hilfen für einzelne Branchen. "Busunternehmen, Tourismus, Gastronomie, Kultur oder auch soziale Einrichtungen sind Beispiele für Branchen, wo akuter Handlungsbedarf besteht", sagte SPD-Fraktionsvize Achim Post zu Reuters. Ifo-Präsident Clemens Fuest sagte, steuerliche Entlastungen vor allem für die Bezieher geringer und mittlerer Einkommen könnten sich positiv auf die Konjunktur auswirken, weil diese Einkommensgruppen tendenziell eine höhere Konsumneigung aufweisen würden.

Um Konsum und Investitionen zu steigern, will das Finanzministerium laut dem internen Ideenpapier Abschreibungsmöglichkeiten in den Jahren 2020 und 2021 verbessern. Es sieht zudem eine Verdoppelung der Bezugsdauer des Kurzarbeitergeldes auf zwei Jahre vor. Das Finanzministerium lehnte eine Stellungnahme ab.

Besonders umstritten dürften Kaufanreize für Autos werden, die unter anderem Bayern fordert - und zwar auch für moderne Verbrenner und Diesel-Modelle. In dem Papier der Union wird eine Ausweitung des Dienstwagenprivilegs ins Spiel gebracht. Die günstige monatliche Versteuerung von 0,25 Prozent des Listenpreises ist derzeit auf E-Autos mit einem Preis von bis zu 40.000 Euro begrenzt. Diese Begrenzung soll abgeschafft werden. Somit würden auch deutlich teurere E-Autos unter das Steuerprivileg fallen. "Diese Maßnahme stellt eine bessere Alternative gegenüber einer Kaufpreisprämie dar", argumentieren die Steuerpolitiker der Union. Dem Papier des Finanzministeriums zufolge soll der Ausbau der Ladeinfrastruktur für E-Autos beschleunigt und die Förderung von E-Bussen befristet bis Ende 2021 aufgestockt werden. Die Deutsche Bahn soll eine Kapitalerhöhung bekommen.