BERLIN (dpa-AFX) - Angesichts der Debatte über die künftige Höhe des Mindestlohns haben die Grünen eine Entscheidung jenseits von Einzelinteressen gefordert. Es sei bedenklich, dass Vertreter von Politik, Arbeitgebern und Gewerkschaften bereits massiv Stimmung pro und contra Erhöhung machen, sagte die Grünen-Arbeitsmarktexpertin Brigitte Pothmer der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Der vor gut einem Jahr eingeführte Mindestlohn rückt an diesem Donnerstag mit einer Tagung der Hans-Böckler-Stiftung in Berlin in den Fokus. Auch Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) will hier Bilanz ziehen.

Die Mindestlohnkommission aus Vertretern von Arbeitgebern und Gewerkschaften soll bis Mitte des Jahres über eine Anpassung der Höhe beschließen. Die Anpassung soll Anfang 2017 kommen. Während die Gewerkschaft Verdi bereits eine Erhöhung von 8,50 auf 10 Euro forderte, wandte sich etwa die CSU gegen eine Erhöhung. Nahles hatte gesagt, der Mindestlohn sollte von gestiegenen Löhnen profitieren.

Pothmer mahnte: "Die Mindestlohnkommission wurde eingerichtet, um den Mindestlohn und seine Festlegung aus der politischen Kampfarena herauszuholen." Die Kommission werde beweisen müssen, ob sie ihre Entscheidungen unabhängig und emanzipiert vom politischen und tarifpolitischen Alltagsgeschäft treffen kann. "Alles andere wäre ein Rückschlag für das Projekt Mindestlohn."

Im Vergleich etwa mit dem britischen Vorbild, der "low pay commission", seien die Möglichkeiten der deutschen Kommission eingeschränkt. So sei die Wissenschaft ohne Stimmrecht an den Katzentisch der Kommission verbannt worden. Das schade der Akzeptanz der Lohnuntergrenze. Werde die vorgeschriebene Orientierung an der vorangegangenen Tarifentwicklung zudem zu eng ausgelegt, sei die Mindestlohn-Kommission praktisch überflüssig. "Diese Aufgabe könnte auch das Statistische Bundesamt übernehmen."/bw/DP/stk