BERLIN (dpa-AFX) - Angesichts von Angriffen auf Pressevertreter bei ihrer Arbeit in den vergangenen Monaten haben Oppositionspolitiker im Bundestag eine strengere Strafverfolgung gefordert. Die Linken-Abgeordnete Doris Achelwilm sagte am Freitag in einer Debatte zur Pressefreiheit vor dem Parlament, gebraucht würden "Schwerpunktstaatsanwaltschaften, damit angegriffenen Journalisten wirklich geholfen wird und die Verfahren nicht wie so oft bagatellisiert und eingestellt werden".

Die FDP-Abgeordnete Sandra Bubendorfer-Licht verlangte "endlich eine Strafverfolgung, die konsequent und zeitnah aktiv wird, Ermittlungsverfahren, die rasch Klarheit schaffen, und eine Rechtssprechung, die auch schnell Recht spricht". Ihr Parteikollege Thomas Hacker verwies darauf, dass viele der jüngsten Angriffe auf Medienschaffende auf Demonstrationen erfolgt seien. "Hier müssen wir auch die Polizei und die Länder stärker in die Pflicht nehmen." Der FDP-Politiker sagte auch: "Es darf keinen qualitativen Unterschied der polizeilichen Maßnahmen geben. Gefährdungen von Leib und Leben von Medienvertretern sind genauso ein Angriff auf den Rechtsstaat wie Volksverhetzung oder Plünderung."

Die Abgeordnete Elisabeth Motschmann von der Koalitionsfraktion CDU sprach sich für kontinuierliche Gespräche zwischen den Innenministerien der Länder, der Polizei und den Journalistenverbänden aus. Zudem müsse die Rolle von Medienvertretern Gegenstand der Polizeiausbildung sein.

Unlängst veröffentlichte die Organisation Reporter ohne Grenzen (RSF) die jährliche weltweite Rangliste der Pressefreiheit. Deutschland fiel erstmals aus der Spitzengruppe heraus: "Aufgrund der vielen Übergriffe auf Corona-Demonstrationen mussten wir die Lage der Pressefreiheit in Deutschland von "gut" auf nur noch "zufriedenstellend" herabstufen: ein deutliches Alarmsignal", betonte RSF.

Im Kalenderjahr 2020 zählte RSF mindestens 65 gewalttätige Angriffe gegen Journalisten in Deutschland. Damit habe sich die Zahl im Vergleich zum Vorjahr verfünffacht. Die Bundesrepublik rangiert im globalen Ranking von 180 Ländern auf dem 13. Platz.

Im Gespräch ist auch eine Überarbeitung der Verhaltensgrundsätze zwischen Polizei und Presse, die es seit 1993 gibt. Aus der Innenministerkonferenz heraus in Auftrag gegeben, erarbeitete eine länderübergreifende Arbeitsgruppe einen Entwurf. Der Presserat als freiwillige Selbstkontrolle der Presse, also von Zeitungen, Zeitschriften und Online-Medien, hatte bereits im Dezember einen Vorstoß gemacht und der Innenministerkonferenz einen eigenen Vorschlag vorgelegt. Das Gremium fordert von der Polizei mehr Schutz für Berichterstatter auf Demonstrationen. Ein Ergebnis zur Überarbeitung steht noch nicht fest./rin/DP/mis