FRANKFURT (awp international) - Die Europäische Zentralbank (EZB) hat am Donnerstag ihre bisherige Geldpolitik bestätigt. Präsident Mario Draghi äusserte sich zur wirtschaftlichen Entwicklung skeptischer als zuletzt.

Das sagen Experten zu den Beschlüssen:

Uwe Burkert, Chefvolkswirt und Leiter LBBW Research:

"Allen Unkenrufen zum Trotz - die EZB bleibt bei ihrer Linie. Und lässt Raum für einen weiteren Schritt in Richtung Normalisierung. Mit der Ankündigung, über den Sommer die Zinsen konstant zu halten, zeigt EZB Präsident Draghi eine wohltuend ruhige Hand. Die Risiken sind zwar etwas in den Vordergrund getreten, aber kein Grund für eine Rückkehr zu aussergewöhnlichen Massnahmen."

Christian Lips, Analyst bei der NordLB:

"Im März ist mit einer Senkung der Wachstums- und Inflationsprognosen der EZB zu rechnen, was Massnahmen wie TLTROs wahrscheinlicher macht. Auf der anderen Seite droht sich jedoch auch der ohnehin sehr langfristig angelegte Exitfahrplan noch weiter zu verzögern. Die EZB ist gut beraten, noch weitere Daten abzuwarten und sich eine Fortsetzung der geldpolitischen Normalisierung vorzubehalten. Draghis Hinweis, dass sich die Wirtschaft auch besser als erwartet entwickeln könne, klang jedoch fast wie das Pfeifen im Walde?"

Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP-Bank:

"Bislang heisst es bei den Notenbankern, dass die Zinsen bis mindestens Ende des Sommers 2019 auf den gegenwärtigen Niveaus bleiben werden. Bleibt das wirtschaftliche Datenmaterial bis März durchwachsen, dürfte eine Änderung dieser Forward Guidance auf der Agenda stehen. Möglicherweise wird dann der Pressetext ein unverändertes Zinsniveau bis mindestens Jahresende 2019 in Aussicht stellen. Die Negativzinsen werden uns allen also vermutlich über einen längeren Zeitraum erhalten bleiben."

Friedrich Heinemann, Ökonom beim Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW):

"Zwar ist absehbar, dass eine erste Zinserhöhung angesichts der schwächeren Konjunktur auf das Jahr 2020 verschoben wird. Auf anderen Gebieten wird die EZB jedoch wichtige Detailentscheidungen treffen müssen."

Christoph Kutt, Leiter Zinsstrategie und Staatsanleihen der DZ Bank:

"Für die Renditeentwicklung dürfte die anhaltende Unsicherheit über einen möglichen Kurswechsel der EZB erst mal bedeuten, dass Aufwärtstendenzen ausbleiben und Sicherheitsdenken vorherrscht. Die momentane Schwäche der Eurozone, die Draghi im Prinzip mit seinem heutigen Auftritt bestätigt hat, spricht auch dafür, dass der Euro wohl zunächst unter Abgabedruck stehen dürfte. Aus dem EZB-Mantra "vorsichtig, geduldig, hartnäckig" dürfte erst mal der Fokus auf 'vorsichtig' liegen."/jsl/bgf/