Börsen-Zeitung: Vertrauen zerstört, Kommentar zu Bayer von Antje
Kullrich
   Frankfurt (ots) - Es sollte wohl ein Befreiungsschlag sein, mit 
dem Bayer-Chef Werner Baumann am Donnerstagnachmittag überraschend - 
eine Woche vor dem  lang erwarteten Kapitalmarkttag - aufwartete. 
Doch dem umfangreichen Maßnahmenpaket des zunehmend unter Druck 
stehenden Konzernlenkers haftet der Geruch einer Verzweiflungstat an.

   Mit aller Gewalt will Baumann den Pharma- und Agrarchemiekonzern 
wieder in die Spur bringen. Über den Verkauf der Tiermedizin, die 
Trennung von Currenta und die Abgabe einiger rezeptfreier 
Arzneimittel war bereits spekuliert worden - jetzt will Bayer alles 
drei auf einmal durchziehen. Dazu kommt der umfangreiche 
Stellenabbau.

   Mit den tiefen Einschnitten strapaziert Baumann seine Organisation
aufs Äußerste. Zwei Jahre lang waren erhebliche Kapazitäten gebunden,
um den kartellrechtlich so komplizierten Monsanto-Kauf über die 
Ziellinie zu bringen. Die Integration kostet weitere Kraft, ganz zu 
schweigen von der offenbar vollkommen unterschätzten 
Glyphosat-Thematik. Jetzt bringt Baumann, dessen strategische Pläne 
für Bayer bislang zu einer Wertvernichtung im mittleren zweistelligen
Milliardenbereich geführt haben, weitere Unruhe in den Konzern. Jede 
zehnte Stelle soll wegfallen.

   Ob immer weitere Kosteneinsparungen helfen, Fehler im laufenden 
Betrieb - etwa Lieferengpässe nach Qualitätsmängeln in der 
Pharmaproduktion - in Zukunft zu vermeiden, darf hinterfragt werden. 
Ganz zu schweigen von der Motivation einer Belegschaft, die den Druck
auf das Top-Management jetzt eins zu eins weitergereicht bekommt. 
Eines ist seit Donnerstag klar: Die volle Konzentration auf die 
Bearbeitung der Märkte und das operative Geschäft ist mit den 
verkündeten tiefen Einschnitten und Umbauten in weite Ferne gerückt. 
Baumann steckt in der Zwickmühle: Nichts zu tun, wäre auch nicht gut 
angekommen.

   Die Reaktion der Investoren auf die Ankündigungen zeigte: Die 
Anleger haben das Vertrauen weitgehend verloren. Der Bayer-Chef 
bleibt trotz nachvollziehbarer Ansätze wie der Trennung von der 
Tiermedizin oder Currenta in der Defensive. Denn neben den ganzen 
Maßnahmen musste Bayer weiteren außerplanmäßigen Abschreibungsbedarf 
in Milliardenhöhe einräumen. Ob aus der Monsanto-Übernahme auch noch 
etwas droht und wie hoch letztendlich die Belastungen aus den 
Glyphosat-Klagen ausfallen, steht weiter in den Sternen.

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