Börsen-Zeitung: Mehr als ein Ärgernis, Kommentar zu Edeka/Tengelmann

von Ulli Gericke

Frankfurt (ots) - Diese Sätze hätten auch von

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel stammen können: "Wir sind

überzeugt, dass die tatsächlichen gesamtwirtschaftlichen Vorteile

unseres Fusionsvorhabens die rein wettbewerbsrechtlichen Kritikpunkte

des Bundeskartellamts weit überwiegen." Im Vordergrund der Übernahme

der Supermarktkette Kaiser's Tengelmann durch Edeka stünden knapp

16000 Arbeitsplätze, die "nur mit der Fusion umfassend gesichert

werden". Tatsächlich sind dies aber nicht Gabriels Worte, als er

gestern die Ministererlaubnis für den vom Bundeskartellamt und der

Monopolkommission heftig kritisierten Zusammenschluss in Aussicht

stellte. Urheber dieser Sätze ist vielmehr Karl-Erivan Haub, der

geschäftsführende Gesellschafter der Tengelmann-Gruppe, als er im

April 2015 zusammen mit Edeka die Ministererlaubnis beantragt hatte.

Dass ein parteiischer Antragsteller und ein überparteilicher

Schiedsrichter mit nahezu den gleichen Worten argumentieren - und

sich Gabriel damit die Einzelinteressen von Tengelmann und Edeka, dem

schon heute bei weitem größten und mächtigsten

Lebensmitteleinzelhändler hierzulande, zu eigen macht - zeigt die

ganze Problematik dieser Ministererlaubnis in statu nascendi, die

auch nicht dadurch relativiert wird, dass der Vizekanzler und

SPD-Vorsitzende die Genehmigung nur unter strengen Auflagen erteilt.

Letztere lassen sich im Kern so zusammenfassen, dass Edeka die heute

bei Kaiser's Tengelmann vorhandenen 16000 Arbeitsplätze für die

nächsten fünf Jahre zu mindestens 97% garantieren muss. Zugleich ist

mit der Gewerkschaft Verdi zu vereinbaren, dass alle Beschäftigten

nach den Einzelhandel-Tarifverträgen bezahlt werden. Und schließlich

darf eine Ausgliederung einer Kaiser's-Filiale an einen

selbstständigen Einzelhändler in den ersten fünf Jahren nur

ausnahmsweise - unter Beibehaltung der alten Rechte und mit

Zustimmung von Verdi - erfolgen. Erst wenn diese Bedingungen erfüllt

sind, gilt die Ministererlaubnis. Kontrolliert durch die

Gewerkschaft.

Kein Zweifel: Die Auflagen sind hart und weder von Edeka noch von

Haub so gewollt, die beide eher vage Zusagen für die

Ministererlaubnis angeboten hatten. Und doch ist diese absehbare

Genehmigung mehr als ein Ärgernis: Wieder geht ein Stück Wettbewerb

verloren, der größte Filialist wird noch größer, mit all den

negativen Auswirkungen auf Preise, Angebot und Marktmacht gegenüber

den Herstellern. Für den SPD-Minister aber, der zeigen kann, dass er

sich um Arbeitsplätze von Geringverdienern sorgt, ist es die beste

Lösung.

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