Berlin (Reuters) - Als erste Maßnahme nach der Einigung der Regierungsspitzen beim Bundeshaushalt für 2025 hat Finanzminister Christian Lindner Steuerentlastungen in zweistelliger Milliardenhöhe auf den Weg gebracht.

Sein Ministerium verschickte am Mittwoch den Entwurf für ein zweites Jahressteuergesetz 2024 an die anderen Ministerien, wie Reuters aus Regierungskreisen erfuhr. Unter anderem wird der Einkommensteuertarif für 2025 und 2026 in zwei Schritten angepasst, um die Inflation auszugleichen. Der FDP-Chef hatte die Entlastungen einschließlich weiterer Änderungen auf rund 23 Milliarden Euro beziffert. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) äußerte sich derweil zufrieden mit ihrem Etat für 2025, sprach aber auch von schmerzhaften Einsparungen.

Das Kabinett soll den Entwurf für das zweite Jahressteuergesetz nach Angaben aus Regierungskreisen am 24. Juli beschließen. FDP-Chef Lindner hatte die Änderungen im Juni angekündigt. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Lindner hatten sich darauf aber erst am 5. Juli mit der Einigung beim Haushalt 2025 und auf ein Wachstumspaket verständigt. An einer Umsetzung der Beschlüsse in einen Regierungsentwurf für den Bundeshaushalt 2025 wird in den Ministerien unter Hochdruck gearbeitet. Das Kabinett will den Etatentwurf am Mittwoch kommender Woche beschließen.

MINDEREINNAHMEN VON JÄHRLICH 12,8 MRD EURO

Der Reuters vorliegende Entwurf für Steueränderungen sieht auch die vereinbarte Erhöhung des Kindergeldes ab 1. Januar 2025 um fünf Euro auf monatlich 255 Euro pro Kind vor. Dies schlägt mit Mehrausgaben von 1,09 Milliarden Euro zu Buche. Zudem werden der Grundfreibetrag und der Kinderfreibetrag erhöht. Auch die seit langem geplante Überführung der Steuerklassen III und V in die Steuerklasse IV wird damit umgesetzt. Die Lohnsteuerbelastung solle damit gerechter auf die Eheleute und Lebenspartner verteilt werden, heißt es in dem Entwurf.

Bund, Länder und Gemeinden werden insgesamt laut Entwurf auf ein volles Steuer-Jahr gerechnet in Höhe von 12,83 Milliarden Euro belastet. Die Länder tragen davon gut 5,1 Milliarden Euro, der Bund knapp 5,9 Milliarden Euro. Für die Jahre 2025 und 2026 werden die Belastungen für die öffentlichen Kassen auf 7,015 Milliarden Euro und auf 12,395 Milliarden Euro beziffert.

Die Änderungen sind im Bundesrat zustimmungspflichtig. Die Ampel-Koalition benötigt in der Länderkammer also auch die Zustimmung Unions-geführter Länder.

SPD UND GRÜNE HATTEN VORBEHALTE GEÄUSSERT

Mit dem Entwurf für das zweite Jahressteuergesetz drückt Lindner bei Entlastungen aufs Tempo, die bei Fachpolitikern von SPD und Grünen vor der Haushaltseinigung auf Vorbehalte gestoßen waren. Sie hatten die Entlastungen zum Ausgleich der kalten Progression kritisiert, von denen höhere Einkommen besonders profitieren. Laut Entwurf werden die Tarifeckwerte bei der Steuer zum Ausgleich der Inflation ab 1. Januar 2025 um 2,5 Prozent verschoben. Das führe 2025 zu Mindereinnahmen von 3,06 Milliarden Euro und 2026 von 3,535 Milliarden Euro. Ab Januar 2026 komme eine Verschiebung der Eckwerte um 2,0 Prozent hinzu, was Steuerausfälle von gut 2,5 Milliarden Euro bedeute.

Die Eile bei den Steueränderungen wurde in der Regierung damit begründet, dass eine Kabinettsbefassung am 24. Juli erforderlich sei, um das Gesetzgebungsverfahren noch in diesem Jahr rechtzeitig abzuschließen. Ein erstes Jahressteuergesetz 2024 mit zahlreichen kleineren Steuerrechtsänderungen hatte das Kabinett am 5. Juni auf den Weg gebracht.

Innenministerin Faeser äußerte sich nach anfänglicher Kritik mit ihrem Budget zufrieden. Es würden "die richtigen Prioritäten in diesen rauen Zeiten" gesetzt, erklärte die SPD-Politikerin in Berlin. Allerdings sprach die Ministerin auch von "schmerzhaften Einsparungen", etwa in der Digitalisierung oder auch bei Integrationskursen. Der von den Regierungsspitzen vereinbarte Kompromiss sieht für das Innenministerium für 2025 Ausgaben von 13,75 Milliarden Euro vor. Das ist ein Plus von rund 400 Millionen Euro im Vergleich zum laufenden Haushalt. Die Grünen kritisierten dennoch die Ausgaben für Sicherheit als zu gering.

Das Auswärtige Amt äußerte sich unzufrieden mit Kürzungen bei der humanitären Hilfe in dem Ressort unter der Grünen-Ministerin Annalena Baerbock. Die Krisen würden in der Tendenz wahrscheinlich eher zunehmen, sagte ein Ministeriumssprecher: "Die humanitäre Hilfe ist da natürlich ein ganz wichtiges Instrument, das wir auch weiterhin brauchen. Und insofern setzen wir uns dafür ein, dass wir da die notwendigen Mittel haben, um akut auf Krisen reagieren zu können."

(Bericht von Holger Hansen, Christian Krämer, Alexander Ratz und Andreas Rinke. Redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)