Gandhinagar (Reuters) - Der Krieg in der Ukraine hat erneut die Beratungen der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer überschattet.

Das G20-Treffen der Finanzminister endete am Dienstag ohne gemeinsame Abschlusserklärung, wie die indische Finanzministerin Nirmala Sitharaman sagte. Zahlreiche G20-Staaten hätten Russland für die Aufkündigung des Getreideabkommens kritisiert. Das von den Vereinten Nationen und der Türkei im Juli 2022 vermittelte Abkommen ermöglichte bislang die Ausfuhr von ukrainischem Getreide über das Schwarze Meer, das Russland im Zuge des Krieges kontrolliert. Auch in anderen Bereichen wie Hilfen für hoch verschuldete Entwicklungsländer gab es Teilnehmern zufolge kaum Fortschritte.

Westliche Staaten hätten auf eine klare Verurteilung des russischen Angriffs auf die Ukraine gedrängt, wie Insider der Nachrichtenagentur Reuters sagten. Russland und China blockierten dies aber erneut. Indien ist in dem Konflikt weitgehend neutral, pocht auf eine diplomatische Lösung. Gleichzeitig kauft Indien deutlich mehr Öl aus Russland zu für sich günstigen Konditionen ein.

Der Internationale Währungsfonds betonte bei dem G20-Treffen in Gandhinagar im Nordwesten von Indien, die mittelfristigen Perspektiven für die Weltwirtschaft blieben mau. Die Spaltung in arme und reiche Länder sei eine große Sorge, sagte IWF-Chefin Kristalina Georgiewa. Priorität müsse die Bekämpfung der hohen Inflation haben. Außerdem müssten Staaten wieder finanzielle Puffer aufbauen und mit Reformen für mehr Wirtschaftswachstum sorgen.

Die Teuerung sei weiterhin zu hoch, so die IWF-Chefin weiter. "Obwohl es Fortschritt gibt, ist der Job noch nicht erledigt - die Geldpolitik muss daher Kurs halten." Rund um den Globus haben Notenbanken zuletzt die Zinsen deutlich angehoben, um die Inflation wieder unter Kontrolle zu kriegen, was zumindest teilweise gelungen ist. Georgiewa sagte, ein zu früher Kurswechsel könne die erzielten Erfolge aber wieder zunichtemachen.

ENTWICKLUNGSBANKEN SOLLEN DEUTLICH HÖHERE SUMMEN VERLEIHEN

Kaum Fortschritte gab es beim Umgang mit hoch verschuldeten Entwicklungsländern. Die Verbindlichkeiten zahlreicher armer Länder sind seit der Corona-Krise 2020 explodiert, viele Staaten stehen vor dem Kollaps. Oft ist China einer der größten Gläubiger dieser Länder. Sambia hatte vergangenen Monat eine Vereinbarung zur Restrukturierung seiner Schuldenlast erzielt. Das afrikanische Land schuldet ausländischen Regierungen 6,3 Milliarden Dollar. Ärmere Länder hatten seitdem auf einen Durchbruch gehofft - statt meist zäher Verhandlungen mit den Gläubigern.

Ein größeres Thema bei den G20-Beratungen am Dienstag war die künftige Rolle von Entwicklungsbanken wie der Weltbank. Der neue Weltbank-Chef Ajay Banga zeigte dabei Wege auf, wie das Kreditvolumen gesteigert werden kann. Die Anteilseigner der Bank könnten zum Beispiel Garantien für Kredite aussprechen, wenn Empfängerländer diese nicht zurückzahlen könnten. In einem Zeitraum von zehn Jahren könnten bei Garantien im Wert von fünf Milliarden Dollar so rund 30 Milliarden zusätzlich an Darlehen ausgereicht werden.

Ein von den Ökonomen Lawrence Summers und N.K. Singh geleitetes Beratergremium teilte mit, die Entwicklungsbanken müssten sich deutlich ändern. Um für mehr Klimaschutz und Nachhaltigkeit auf der Welt zu sorgen, seien bis 2030 pro Jahr zusätzliche Ausgaben von rund drei Billionen Dollar nötig. 1,8 Billionen Dollar davon sollten in eine nachhaltigere Infrastruktur investiert werden, weitere Gelder müssten in das jeweilige Gesundheitssystem und Bildungswesen fließen.

(Bericht von Shivangi Acharya, Sarita Chaganti Singh, Andrea Shalal und Aftab Ahmed, geschrieben von Christian Krämer, redigiert von Sabine Ehrhardt. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)