Die Euro-Wächter benötigten mehr Zeit, um die wirtschaftlichen Aussichten für die Euro-Zone und vor allem die künftige Entwicklung der Gemeinschaftswährung abzuschätzen, sagten drei mit der Situation vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters. Die Nachricht bewegte die Märkte: Die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihen gab zeitweise rund vier Basispunkte nach.[DET10YT=TWEB] Auch die Renditen italienischer und spanischer Staatspapiere büßten ein.

Die EZB hatte in ihrem Protokoll zur Zinssitzung im Dezember signalisiert[nL8N1P63KE], dass sie die Kommunikation ihrer geldpolitischen Ausrichtung früh in diesem Jahr auf den Prüfstand stellen könnte. Die Aussagen in ihrem Ausblick - die sogenannte "Forward Guidance" - sind ein wichtiges Instrument der Euro-Hüter, um die Erwartungen an den Finanzmärkten zu beeinflussen.

Einige Experten leiteten aus dem Protokoll ab, dass die EZB bald den zuletzt stets bekräftigten Passus abändern könnte, die Anleihenkäufe so lange fortzusetzen, bis sie einen nachhaltigen Anstieg der Inflation feststellt. EZB-Direktor Benoit Coeure hatte diese Möglichkeit im November genannt.[nL8N1NR5Q9] Aus seiner Sicht könnte dies geändert werden, wenn der Rat zuversichtlich genug ist, dass die monatlichen Käufe an Bedeutung verlieren, um das EZB-Inflationsziel zu erreichen. Die EZB strebt knapp unter zwei Prozent Inflation als Idealwert für die Wirtschaft an. Im Dezember lag die Teuerung im Euro-Raum aber nur bei 1,4 Prozent.[nL8N1P026F]

Den Insidern zufolge ist es aktuell eher wahrscheinlich, dass die EZB erst auf ihrer Ratssitzung am 8. März an ihrer Kommunikation Änderungen vornimmt. Dann liegen den Währungshütern neue Prognosen der EZB-Volkswirte zur Konjunktur- und Inflationsentwicklung vor. "Wir brauchen vor irgendwelchen Änderungen noch mehr gründliche Analysen", sagte eine der Personen.

EZB-NOTENBANKER - EURO QUELLE DER UNSICHERHEIT

Frankreichs Notenbankchef Francois Villeroy de Galhau zufolge beeinflusst der Euro-Kurs, wie lange die EZB noch für den Weg hin zu ihrem Inflationsziel benötigt. "Die jüngste Entwicklung des Wechselkurses ist in diesem Punkt eine Quelle der Unsicherheit, die es wegen ihrer möglichen dämpfenden Effekte auf die Importpreise zu beobachten gilt", sagte das EZB-Ratsmitglied der "Börsen-Zeitung".[nL8N1P026F]

In ihren Dezember-Wirtschaftsprognosen waren die EZB-Volkswirte noch von einem Euro-Kurs von 1,17 Dollar in den Jahren 2018 bis 2020 ausgegangen. Doch inzwischen liegt der Euro bereits bei 1,22 Dollar. Ein starker Euro dämpft tendenziell die Inflationsentwicklung, da sich Exporte verteuern und Importe verbilligen. Den Insidern zufolge ist der Kursanstieg zwar auch Ausdruck der wirtschaftlichen Erholung. Die Marktreaktionen auf das Dezember-Protokoll seien aber übertrieben gewesen, sagte eine der Personen. Der Euro hatte nach Veröffentlichung der Unterlagen zeitweise kräftig zugelegt.