BERLIN/KARLSRUHE (dpa-AFX) - Die Einführung des europäischen Einheitspatents, das Unternehmen Zeit und Geld sparen soll, stockt erneut wegen Verfassungsbeschwerden in Deutschland. Das Bundesverfassungsgericht hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gebeten, mit der Ausfertigung des notwendigen Gesetzes zu warten, bis über einen Eilantrag entschieden ist, wie ein Gerichtssprecher am Mittwoch auf Anfrage mitteilte. Eine Sprecherin des Bundespräsidenten erklärte, dieser werde der Bitte nachkommen. "Wir warten nun das weitere Vorgehen des Bundesverfassungsgerichts ab."

Das EU-Einheitspatent soll die Kosten für das Anmelden einer Erfindung nach früheren Angaben der EU-Kommission um bis zu 32 000 Euro senken. Die Idee ist, dass jeder Inhaber eines europäischen Patents zentral einen Antrag auf einheitliche Wirkung stellen kann. Damit gilt es auf einen Schlag in allen teilnehmenden Staaten.

Das System kann aber erst starten, wenn auch das vorgesehene Einheitliche Patentgericht (EPG) eingerichtet ist. Das ist seit Jahren durch die fehlende Zustimmung Deutschlands blockiert.

Im Februar vergangenen Jahres hatte das Bundesverfassungsgericht nach einer ersten Verfassungsbeschwerde das 2017 erstmals beschlossene Gesetz für nichtig erklärt. Der Grund: Bei der Abstimmung im Bundestag waren damals nur etwa 35 der mehr als 600 Abgeordneten anwesend. Während des Verfahrens lag das Projekt jahrelang auf Eis.

Im November und Dezember hatten Bundestag und Bundesrat daraufhin das Gesetz wortgleich noch einmal beschlossen. Aber noch vor dem Jahreswechsel gingen in Karlsruhe zwei neue Verfassungsbeschwerden ein (Az. 2 BvR 2216/20 u.a.). Wann das Gericht darüber und vor allem über den damit verbundenen Eilantrag entscheidet, ist offen. Ein Kläger ist der Fachanwalt, der die erste Entscheidung erstritten hatte. Wer hinter der zweiten Beschwerde steht, ist nicht bekannt.

Die EU-Kommission wollte eigentlich 2021 die "Periode provisorischer Anwendung" des Einheitspatents beginnen. Von 2022 an sollte das neue System voll funktionsfähig sein. Das Einheitliche Patentgericht bekommt seinen Sitz in Luxemburg. In Deutschland sind Standorte in München, Düsseldorf, Hamburg und Mannheim geplant./sem/DP/mis