Die vergangene Woche verlief recht ruhig, da keine wichtigen Konjunkturdaten veröffentlicht wurden und die Wallstreet wegen Thanksgiving geschlossen war. Die Finanzmärkte blieben im Aufwind, weiterhin beflügelt durch die Hoffnungen auf ein Ende des geldpolitischen Straffungszyklus dies- und jenseits des Atlantiks. Kurz vor dem Jahreswechsel herrscht am Markt Gelassenheit und die Volatilität hat sich verflüchtigt.
Wochenperformance*
DAX
16029  +0.69%Chart
STOXX EUROPE 600
459.98  +0.91%
Chart STOXX EUROPE 600
S&P 500
4559.34  +1.00%
Chart S&P 500
NIKKEI 225
33625.53  +0.12%
Chart NIKKEI 225
GOLD
2002.10$  +1.40%
Chart GOLD
BRENT OIL
80.10$  -0.84%
Chart BRENT OIL
EURO / US DOLLAR
1.09$  +0.29%
Chart EURO / US DOLLAR
Tops / Flops der Woche

TOPS 

Burlington Stores (+27%): Das US-amerikanische Einzelhandelsunternehmen für Markenkleidung erhielt Auftrieb. Die Quartalszahlen fielen besser aus als erwartet: Einnahmen und bereinigter Gewinn konnten trotz schwieriger Konjunkturlage und des schwachen Monats Oktober zulegen. Burlington Stores will in den kommenden fünf Jahren netto ca. 500 neue Filialen eröffnen und zeigt sich für die nächsten Jahre zuversichtlich. Für den Zeitraum bis 2028 hat sich das Unternehmen ehrgeizige Ziele gesetzt. In der Folge korrigierten JPMorgan Chase, Jefferies und Barclays ihr Kursziel für die Aktie nach oben. 

Vinfast (+19%): Der an der Nasdaq notierte vietnamesische Hersteller von Elektrofahrzeugen Vinfast stellte in dieser Woche seinen neuen SUV vor. Der VF7 ist kleiner als seine Vorgänger und folglich für den europäischen Markt besser geeignet. Aktuell ist er zwar nur in Vietnam zu bestellen, die Auslandsmärkte soll er aber im kommenden Jahr erobern: Der Autobauer hat sich zum Ziel gesetzt, 2024 in sieben neue Länder zu expandieren. Das reicht jedoch nicht aus, um den seit dem 1. Januar verzeichneten Rückgang von 38% aufzuholen. 

Coinbase (+16%): Des einen Freud, des anderen Leid: Während den Hauptkonkurrenten Binance die Querelen mit der US-Justiz teuer zu stehen kommen, reibt sich die US-Kryptowährungsbörse Coinbase die Hände: Diese Woche bekannte sich Binance samt CEO Changpeng Zhao in mehreren Anklagepunkten für schuldig, unter anderem im Hinblick auf Geldwäschevorwürfe. Die Konsequenz: 4,3 Mrd. USD Strafe und die Zwangsentlassung des Börsengründers. Brian Armstrong, CEO von Coinbase, nutzte das Debakel bei Binance und die - gleichwohl weniger schwerwiegenden - Vorwürfe der SEC gegen die Handelsplattform Kraken, um zu unterstreichen, dass seine Börse stets im Einklang mit geltenden Gesetzen und aufsichtsrechtlichen Bestimmungen für Krypto-Assets handle. Ganz schön clever. Coinbase hat im bisherigen Jahresverlauf 200% an Wert gewonnen.

ARM Holdings (+14%): Der an der Nasdaq notierte britische Chipdesigner ARM reitet nicht nur auf der aktuell dominierenden Welle der künstlichen Intelligenz, sondern profitiert auch von den guten Ergebnissen von Nvidia. Das Unternehmen hatte sich zur Performance des ARM-basierten CPU-Chips Grace geäußert. Beachtlich ist, dass ARM Holdings - nach zwei turbulenten Monaten - wieder den Kurs seines Börsendebüts erreicht hat.

Sage Group (+12%): Der britische Anbieter von Unternehmenssoftware für kleine und mittelständische Unternehmen hat im Geschäftsjahr 2023 gute Ergebnisse erzielt: Dass der Umsatz um 10%, der Gewinn je Aktie um 22% und auch die Rentabilität zulegen konnten, war auf die Zuwächse in den Bereichen Abonnements und Cloud-Lösungen sowie auf die Stärke des nordamerikanischen Marktes zurückzuführen. Das Unternehmen geht für das nächste Geschäftsjahr von einem Umsatzwachstum im zweistelligen Bereich und einer Margensteigerung aus.

Diploma (+10%): Das britische Industriekonglomerat Diploma PLC, das auf technische Produkte und Dienstleistungen spezialisiert ist und im September in den FTSE 100 aufgenommen wurde, hat seine Ergebnisse vorgelegt: Im Jahresverlauf stieg der Umsatz um 19%, der Gewinn um 24% und der freie Cashflow um 36%. Positiv aufgenommen hat der Markt zudem die gut umgesetzte und gewinnfinanzierte Strategie für externes Wachstum, die Aufwärtskorrektur des Ausblicks und die Ankündigung einer Erhöhung der Dividende, die sich damit dem Branchendurchschnitt nähert.

Sonova (+8%): Die vom Schweizer Hörgerätehersteller Sonova vorgelegten Halbjahresergebnisse fielen enttäuschend aus: Umsatz, Gewinn und Margen entwickelten sich rückläufig. Angesichts der Prognosen des Konzerns, der mit einem konsolidierten Umsatzwachstum 2023 von 3-7% rechnet, ließen die Anleger jedoch Nachsicht walten. Die Investmentbanken Exane und Morgan Stanley hoben ihr Kursziel für die Aktie an.

FLOPS

Bayer (-21%): Schwarze Woche für den deutschen Pharma- und Agrarchemieriesen, dessen Kurs abstürzte. Der Konzern musste eine klinische Phase-3-Studie zu seinem neuen Gerinnungshemmer Asundexian aufgrund mangelnder Wirksamkeit abbrechen. Das verschärft die Liquiditätsprobleme und überschattet die Umsatzaussichten. Mehrere Analysten stuften ihre Empfehlungen für den Titel nach der Bekanntgabe drastisch zurück. Zusätzlich angeheizt wurde der Kurssturz durch die Zahlung von 1,56 Mrd. USD an Kläger im Glyphosat-Prozess. Und das ist vermutlich noch nicht das Ende. Die Aktionäre fordern eine Aufspaltung des Konzerns.

Julius Bär (-16%): Julius Bär enttäuschte. Die Schweizer Privatbank veröffentlichte ernüchternde Ergebnisse und senkte ihren Ausblick zum Jahresgewinn. Der Markt bedauert, dass das Institut nicht vom Debakel der Crédit Suisse profitiert hat, um sein verwaltetes Vermögen aufzubessern. Gegen das Unternehmen wurde außerdem eine Untersuchung wegen der Gewährung eines Kredits in Höhe von 600 Mio. EUR an den österreichischen Immobilieninvestor Signa eingeleitet. Denn ein Teil des Kredits soll durch Aktien der von Konkurs bedrohten Signa abgesichert sein.

American Eagle Outfitters (-16%), Urban Outfitters (-12%), Guess (-12%): Schwere Zeiten für den Bekleidungssektor. American Eagle Outfitters, Urban Outfitters und Guess konnten sich in den letzten drei Monaten durchaus sehen lassen. Sie präsentierten positive Ergebnisse, und American Eagle hob sogar seine Umsatzprognosen für das Weihnachtsgeschäft an. Die Marken leiden allerdings unter der Vorsicht im Sektor und der Furcht der Anleger vor einem Rückgang der Konsumausgaben.

Virgin Money UK (-12%): Belastet durch den Druck auf die Kreditmargen, die Inflation und die Erhöhung der Rückstellungen für zweifelhafte Forderungen meldete die britische Online-Bank einen Rückgang des Jahresgewinns um 24% in diesem Jahr und einen ganz leichten Umsatzanstieg. Das Unternehmen will zudem seine Dividende kürzen und weitere Aktien im Wert von 150 Mio. GBP zurückkaufen.

Jacobs Solutions (-9%): Der US-Spezialist für Industriedienstleistungen und Beratung verfehlte beim Quartalsgewinn und -umsatz die Erwartungen der meisten Analysten. Ferner gab das Unternehmen Pläne zur Straffung seines Portfolios und Steigerung seiner Margen bekannt. Dazu will es die Geschäftsbereiche Critical Missions Solutions und Cyber & Intelligence abspalten und sie mit Amentum fusionieren. Das daraus hervorgehende neue börsennotierte Unternehmen soll vor allem Dienstleistungen für staatliche Stellen erbringen. Diese Pläne bedürfen nicht der Zustimmung der Aktionäre, was für Skepsis sorgte.

DLocal Limited (-7%): Das in den USA börsennotierte Fintech-Unternehmen aus Uruguay meldete erfreuliche Ergebnisse für das abgelaufene Quartal und die ersten neun Monate des Geschäftsjahres, in denen Umsatz und Gewinn zulegten. Zudem bestätigte es seine Jahresumsatzprognosen von 620 Mio. bis 640 Mio. USD. Die Ankündigung, dass der Finanzvorstand das Unternehmen verlässt, kam an den Märkten allerdings nicht gut an. Dafür wurde die Aktie sofort abgestraft.

Chart Rohstoffe
Rohstoffe

Energie: Zoff zwischen den Mitgliedern des Ölkartells OPEC+. Die ursprünglich für den 26. November geplante Sitzung in Wien wurde daher auf den 30. November verschoben und soll nun virtuell stattfinden. Die Ungewissheit über die künftige Politik der erweiterten Ölallianz sorgt am Markt für erhebliche Unsicherheit. Die OPEC+ will vor allem eine Pattsituation auf einer Konferenz vermeiden. Der Ölpreis sank vor diesem Hintergrund, aber die Wochenbilanz war mehr oder weniger neutral. Der deutliche Anstieg der wöchentlichen US-Ölvorräte (+ 8 Mio. Barrel) bremste den Preis ebenfalls. Die Nordseesorte Brent kostet ca. 81 USD, während das US-Pendant WTI bei rund 76 USD notiert.

Metalle: Industriemetalle waren auf Konsolidierungskurs, ausgenommen Kupfer, das sich in London auf 8.300 USD verteuerte. Aluminium verlor an Boden und wurde durch einen Bericht des International Aluminium Institute belastet, demzufolge die Produktion im Oktober um 3,9% gegenüber dem Vorjahr gestiegen ist. Ähnlich war es bei Zink, dessen Preis an der LME angesichts höherer Bestände sank. Der Goldpreis kratzte erneut an der Marke von 2.000 USD je Feinunze. Wir sind gespannt, ob er sie knacken wird.

Agrarprodukte: Der Abstand zwischen Kakao und den übrigen Agrarprodukten vergrößert sich, da der Preis für Kakao weiter zulegte und auf über 4.100 USD pro Tonne stieg. Die Getreidepreise bewegten sich dagegen kaum. Der Scheffel Weizen kostet in Chicago unverändert ca. 580 Cent. Mais wird aktuell mit rund 490 Cent gehandelt. In der Ukraine blickt das Landwirtschaftsministerium zwar nach wie vor optimistisch auf die Winterweizenernte. Wie viel davon exportiert werden kann, ist allerdings angesichts des russischen Beschusses der Häfen ungewiss.
Chart Rohstoffe
Makroökonomie

Marktstimmung: Mit Ausnahme des traditionellen Thanksgiving-Truthahns gab es für die Anleger, vor allem in den USA, nicht allzu viel zu beißen. Lediglich die vom US-Conference Board veröffentlichten Frühindikatoren (Leading Index) sorgten für Gesprächsstoff: Mit -0,8% fielen sie etwas geringer aus als erwartet (-0,7%) und sprechen damit nach wie vor für eine Rezession in den kommenden Monaten. Besonders auffällig war dabei die Konsum-Komponente des Index: Die Verbraucher schätzen die Wirtschaftslage pessimistischer ein und könnten sich davon - insbesondere am Black Friday und Cyber Monday - ihre Kauflaune verderben lassen. Die Einzelhandelsumsätze werden daher mit großer Spannung erwartet. Denn das aktuell vorherrschende Narrativ stützt sich zu wesentlichen Teilen auf die Annahme, dass die US-Konjunktur eine sanfte Landung hinlegen wird. Mit einem deutlichen Konsumeinbruch wäre ein solches Szenario wohl kaum vereinbar. Die Aktienindizes blieben derweil weiter auf Aufwärtskurs, auch in Europa, wobei die Handelsumsätze zum Ende der Woche besonders schwach ausfielen.

Gab es bei den Renditen 10-jähriger US-Treasuries zunächst kaum Bewegung, setzten sie am Ende der Woche zur Erholung an, nachdem sie zwischenzeitlich sogar den Rekordwert von 2022 bei 4,34% gestreift hatten. Die Marke von 4,60% werden wir als erste Widerstandslinie im Blick behalten. Sollte sie überschritten werden, dürfte dies den erfreulichen Aufschwung an den Aktienmärkten, den wir seit einem Monat beobachten können, unter Druck bringen. In Europa stabilisierten sich deutsche Bundesanleihen ebenfalls über ihrem gleitenden 200-Tage-Durchschnitt bei rund 2,60/2,53%. Eine erste Zielmarke im weiteren Aufwärtstrend liegt rund um die Schwelle von 2,75/2,77%. Falls dieser Wert überschritten wird, dürfte als nächstes wieder die Marke von 3,01% getestet werden.

Kryptowährungen: Trotz der Milliardenstrafe, die von der US-Börsenaufsicht SEC gegen Binance verhängt wurde, kletterte der Bitcoin diese Woche um 1% und tendiert nun im Bereich von 37.750 USD. Wegen diverser Verstöße, hauptsächlich gegen Bestimmungen zu Geldtransfers und US-Sanktionen, muss die Kryptobörse eine Strafe von 4,3 Mrd. USD zahlen und sich von Changpeng Zhao trennen, der als Gründer und CEO die Geschicke von Binance bislang maßgeblich geprägt hat. Anders als erwartet, hat der Skandal also keine Panik unter den Krypto-Anlegern ausgelöst. Ether, die gemessen an der Marktkapitalisierung zweitgrößte Kryptowährung, schnitt mit einem Plus von rund 5% seit Montag besser ab als der Marktführer und lag bei Redaktionsschluss wieder über der Schwelle von 2.100 USD. Der Gesamtwert des Kryptowährungsmarkts überschreitet erstmals seit Mai 2022 die Marke von 1.400 Mrd. USD.

Kurs und Volumen
Auf die Ruhe folgt der Sturm
Nächste Woche steht am Dienstag die Veröffentlichung des US-Verbrauchervertrauensindex im Wirtschaftskalender. Einen Tag später werden die vorläufigen Zahlen zum BIP-Wachstum in den USA erwartet. Am Donnerstag folgt der Kernverbraucherpreisindex (ohne Lebensmittel und Energie). Diese Zahlen werden mit Spannung erwartet, da mit einem weiteren Inflationsrückgang gerechnet wird. Ebenfalls am Donnerstag stehen die Zahlen zu den Anträgen auf Arbeitslosenhilfe auf der Agenda. Am Freitag wird dann noch der US-amerikanische ISM-Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe veröffentlicht.

Mit Blick auf die Unternehmensergebnisse eröffnet Zscaler am Montag den Zahlenreigen. Am Dienstag präsentieren Intuit, Meituan, Workday, Crowdstrike, Splunk und Hewlett Packard Enterprise ihre Zahlen, gefolgt von Salesforce, Prosus, Synopsys, Snowflake und Dollar Tree am Mittwoch. Last but not least sind am Donnerstag VMWare, Dell Technology, Marvell Technology, Kroger und Ulta Beauty an der Reihe.
*Die Wochenperformance der Indizes und Aktien bezieht sich auf den Zeitraum von der Eröffnung der Märkte am Montag bis zur Erstellung dieses Newsletters am Freitag.
Die Wochenperformance von Rohstoffen, Edelmetallen und Währungen bezieht sich auf den 7-Tage-Zeitraum von Freitag bis Freitag (bis zur Erstellung des Newsletters). Diese Vermögenswerte notieren auch an Wochenenden.