FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 28. Januar 2016. Billiges Kerosin sollte eigentlich die Kurse von Airlines beflügeln. So einfach ist es aber nicht.

Während sich die Lage der Ölkonzerne mehr und mehr verdüstert, profitieren andere Branchen massiv vom niedrigen Ölpreis - allen voran die Fluggesellschaften. Als erste der großen US-Airlines präsentierte Delta vergangene Woche die Zahlen für das Schlussquartal 2015. Unter dem Strich stand ein Gewinn von 980 Millionen US-Dollar. Vor einem Jahr hatte Delta noch einen Verlust von 712 Millionen Dollar ausgewiesen. Für das erste Quartal 2016 wurde zudem eine Verdoppelung der Gewinnmarge in Aussicht gestellt.

Geschäft brummt, Kurs sinkt

An der Börse haben sich die sprudelnden Gewinne vor allem der US-Gesellschaften aber nicht unbedingt niedergeschlagen, zumindest zuletzt. So hat der NYSE Arca Airline Index 2015 fast 20 Prozent an Wert verloren. Allerdings folgte dieser Rücksetzer einem rasanten Anstieg in den Vorjahren. So hat Delta zwischen 2012 und Anfang 2015 einen echten Höhenflug hingelegt, 2012 kostet die Aktie an der Börse Frankfurt (WKN A0MQV8) noch 7 Euro, vor einem Jahr waren es dann fast 44 Euro, aktuell sind es 40 Euro. Ähnlich sieht es bei Southwest Airlines (WKN 862837), American Airlines (WKN A1W97M) und JetBlue (541867) aus.

Ryanair-Anstieg flacht ab

Ohne Dämpfer nach oben ging es für den irischen Billigflieger Ryanair (WKN A1401Z): Die Aktie kostet aktuell gut 14 Euro, der Kurs hat sich damit innerhalb von zwei Jahren verdoppelt und in den letzten vier Jahren sogar mehr als verdreifacht. Im Dezember war die Aktie sogar über 15 Euro geklettert. "Momentan befindet sich Ryanair in einer Konsolidierungsphase", bemerkt Walter Vorhauser von Oddo Seydler. Auslöser seien die Terroranschläge von Paris gewesen. "Zudem könnte der Ölpreis einen Boden erreicht haben." Nach der Ankündigung des chinesischen Ölkonzerns CNOOC in der vergangenen Woche, die Produktion senken zu wollen, habe nun Russlands Präsident Putin geäußert, dass die Förderung gekappt werden müsse.

Auch Easyjet mit Kurseinbußen

Während sich der Kurs des britischen Billigfliegers Easyjet (WKN A1JTC1) in den vergangenen vier Jahren an der Börse Frankfurt sogar vervierfachte, gab es auch hier zuletzt Rücksetzer. "Dabei sind die Quartalszahlen gut ausgefallen", erklärt Jan Vrbsky von der Baader Bank. Die Passagierzahlen sind in den drei Monaten bis Ende Dezember deutlich gestiegen, der Umsatz ging allerdings aufgrund niedrigerer Ticketpreise und ungünstiger Währungseffekte leicht zurück. Für das gesamte Geschäftsjahr, das noch bis Ende September läuft, rechnet Eaysjet dank des niedrigen Ölpreises aber mit einem Gewinnsprung.

Boeing-Zahlen enttäuschen

Erste Anzeichen für ein Ende des Booms liefern Vorhauser zufolge die aktuellen Geschäftszahlen des Flugzeugbauers Boeing: "Die Flugzeugproduktion soll nach einem Rekordwert im vergangenen Jahr wieder zurückgehen, für das neue Jahr wurde zudem ein niedrigerer Umsatz angekündigt." Die Aktie reagierte auf die Mitteilung vom gestrigen Mittwoch mit einem Kursverlust von 10 Prozent. "Die Luft ist erst einmal raus", meint Vorhauser. Die Passagierzahlen im Flugverkehr stiegen zwar, das Frachtgeschäft schwächele aber. Die Aktie notiert an der Börse Frankfurt aktuell bei 107,90 Euro, Ende November waren es noch fast 140 Euro.

Traditionelle Airlines leiden

Dass längst nicht alle Airlines auf der Gewinnerseite stehen, zeigt das Beispiel Air France KLM (WKN 855111). "Generell haben die traditionellen Airlines zu kämpfen: Auf den Kurzstrecken macht ihnen die Konkurrenz der Billigflieger zu schaffen, auf den Langstrecken die Konkurrenz der staatlichen oder halbstaatlichen Gesellschaften aus dem Nahen Osten", bemerkt Vrbsky. Seit August ist die Air France KLM-Aktie zwar von 5,60 auf 7,73 Euro geklettert, auf Sicht von mehreren Jahren sieht es aber weniger gut aus, denn 2014 kostete der Titel noch über 11 Euro. "Die hohen Kosten lasten auf den traditionellen Airlines." Einsparungen seien schwierig. "Air France KLM musste wegen des Widerstands der Gewerkschaft den eigentlich geplanten Stellenabbau auf Eis legen." Zudem kam es auch hier zu Einbußen durch die Terroranschläge von Paris.

Durchweg positiv sind Analysteneinschätzungen zu den Airlines daher nicht - trotz des billigen Öls. So zeichnet sich etwa bei Air France KLM ein gemischtes Bild während Commerzbank und UBS zum Verkauf raten, empfehlen die Société Générale und HSBC den Einstieg. "Wenn die Ölproduktion tatsächlich sinkt, kann der Ölpreis auch schnell wieder steigen", meint Vorhauser. "Bei Ryanair ist schon viel Wachstumsfantasie im Kurs enthalten."

von: Anna-Maria Borse

© 28. Januar 2016 - Deutsche Börse AG

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)