FRANKFURT (dpa-AFX) - Der erneute Kursrutsch in China hat am Donnerstag auch den Dax mit in die Tiefe gerissen. Der deutsche Leitindex war bereits nach dem Auftakt deutlich unter die Marke von 10 000 Punkten gefallen und rauschte danach Zug um Zug weiter nach unten. Am Nachmittag stand der Dax mit 3,39 Prozent im Minus bei 9868,16 Punkten - und damit auf dem Niveau von Anfang Oktober 2015. Selbst die am späten Vormittag veröffentlichten, sehr freundlichen Konjunkturdaten aus der Eurozone konnten die Stimmung nicht nachhaltig heben.

Hintergrund der anhaltenden Turbulenzen sind die Sorgen vor einer harten Landung der chinesischen Wirtschaft - mit entsprechenden negativen Konsequenzen für deutsche Unternehmen. Zusammen mit dem Kurssturz vom Jahresauftakt hat der Dax inzwischen über 8 Prozent an Wert verloren. Damit hat das wichtigste deutsche Börsenbarometer nunmehr einen Großteil seines kompletten Jahresgewinns 2015 eingebüßt.

"Der Einbruch an den Börsen im Fernen Osten trifft den Deutschen Aktienindex zu einem Zeitpunkt, an dem er ohnehin bereits angeschlagen ist", kommentierte Chartexperte Franz-Georg Wenner vom Börsenstatistik-Magazin Index-Radar. "Der Trend war aber auch vorher schon negativ und wird dadurch nur beschleunigt." So lasten auch die Spannungen zwischen den Ölförderern Saudi-Arabien und Iran sowie der Atromstreit mit Nordkorea auf den Kursen.

ÖLPREISE FALLEN WEITER

Auch für den MDax der mittelgroßen Konzerne ging es am Donnerstag weiter rasant abwärts, er verlor zuletzt 2,85 Prozent auf 19 419,60 Zähler. Der Technologiewerte-Index TecDax knickte um 3,16 Prozent auf 1730,99 Punkte ein. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 rutschte um knapp 3 Prozent ab.

Die Turbulenzen ließen am Donnerstag auch die Rohstoff- und Ölpreise weiter fallen, da mit einer sinkenden Nachfrage aus der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt gerechnet wird. Stattdessen flüchteten Investoren in als "sichere Häfen" geltende Anlageformen wie Gold oder deutsche Staatsanleihen.

PANIKVERKÄUFE AN CHINESISCHER BÖRSE NACH YUAN-ABWERTUNG

Konkreter Auslöser des erneuten Börsendramas in China war eine neuerliche Abwertung der Landeswährung Yuan (Renminbi) durch die chinesische Notenbank - die stärkste seit dem Börsencrash in Shanghai und Shenzhen im vergangenen August. Die Notenbank nährte damit weitere Zweifel an der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes. Dies könnte auf eine noch größere Schwäche der chinesischen Wirtschaft hindeuten als aus offiziellen Statistiken hervorgehe, sagte Marktanalyst Angus Nicholson vom Broker IG.

Der Handel in China selbst wurde bereits nach kurzer Zeit wegen zu hoher Verluste zunächst ausgesetzt und dann ganz beendet für den Tag - und das bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr. Der Index CSI 300 mit den wichtigsten Unternehmen des Landes sackte um rund 7 Prozent ab. An den anderen asiatischen Börsen wie in Japan ging es ebenfalls deutlich abwärts.

Die Konjunkturdaten aus der Eurozone konnten vor diesem Hintergrund kaum stützen, wenngleich sie positiv ausgefallen waren: So ist die Arbeitslosenquote im November auf den niedrigsten Stand seit 2011 gefallen und die Stimmung in der Wirtschaft ist so gut wie seit vier Jahren nicht mehr.

CHINA BELASTET AUTOWERTE

Im Dax-Kurstableau zeigten sich abermals alle Titel im Minus. Die China-Problematik belastete insbesondere die Autowerte, die bereits nach mauen US-Absatzzahlen am Vortag unter Druck geraten waren. BMW und Daimler verloren jeweils deutlich über 4 Prozent. Als weltweit größter Automarkt ist China für die deutschen Hersteller enorm wichtig.

Die wegen des Abgasskandals im Fokus stehenden Vorzugsaktien von VW knickten ebenfalls um mehr als 4 Prozent ein. Der Autokonzern muss laut einem Pressebericht voraussichtlich ein Fünftel der von den Abgas-Manipulationen betroffenen Autos in den USA zurücknehmen. Das wären gut 115 000 Fahrzeuge, berichtete die "Süddeutsche Zeitung" (Donnerstag).

Nach unten mitgerissen wurden auch die Aktien von Auto-Zulieferern wie Continental , Norma und Leoni . Am MDax-Ende büßten die Papiere von Rheinmetall mehr als 6 Prozent ein.

ERNEUTER KURSSTURZ BEI DIALOG

Die wegen der Energiewende in Deutschland unter Druck stehenden RWE-Aktien wurde mit einem Abschlag von knapp 5 Prozent weiter abgestraft. K+S auf dem Dax-Spitzenplatz hielten sich nach einer frischen Kaufempfehlung des US-Analysehauses Bernstein mit 2 Prozent Kursabschlag vergleichsweise gut.

Im TecDax knüpften die Anteilsscheine von Dialog Semiconductor an ihre jüngsten hohen Verluste an. Die Papiere des Chipherstellers sackten als Index-Schlusslicht um rund neuneinhalb Prozent ab. Händler verwiesen auf einen Medienbericht, laut dem Microchip Technology das Interesse am Dialog-Übernahmeziel Atmel verlieren könnte. Grund sei eine eher triste Geschäftsentwicklung bei Atmel im Schlussquartal 2015. Am Markt kam der mögliche Rückzug der Amerikaner nicht gut an, denn damit wäre die Bahn wieder frei für Dialog. Dialog-Aktionäre und Analysten hatten den milliardenschweren Atmel-Kauf als zu teuer bezeichnet./la/das

--- Von Lutz Alexander, dpa-AFX ---