FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 29. Januar 2016. Politische und wirtschaftliche Unwägbarkeiten beflügeln die Nachfrage nach Anleihen bonitätsstarker Länder.

Anleihen von Staaten mit guter Bonität scheinen derzeit für so manchen Anleger das Maß aller Dinge zu sein. Die steigende Nachfrage unter anderem nach zehnjährigen Bundesanleihen bescherte dem Euro-Bund-Future in dieser Woche neue Rekordmarken. Am Morgen notiert das hiesige Rentenbarometer bei 162,89 Prozent, gleichzeitig verringerte sich die Rendite auf 0,36 Prozent. "Das ist kein Vergleich zu den Tiefstständen von 0,049 Prozent im April vergangenen Jahres", erinnert Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsgesellschaft.

Nicht nur in Deutschland, auch in anderen europäischen Ländern setzten die Erträge von Staatsanleihen zum Sinkflug an. Auslöser war Händlern zufolge unter anderem eine Lockerung der bereits sehr expansiven Geldpolitik in Japan am heutigen Freitag. Die japanische Notenbank führt, ähnlich wie die Europäische Zentralbank, einen Negativzins auf bestimmte Bankeinlagen ein, der nach Bedarf noch weiter gesenkt werden könne.

Derweil bereitet die US-Notenbankchefin Janet Yellen die Kapitalmärkte darauf vor, dass im März aller Voraussicht nach noch keine weitere Anhebung der Zinsen ansteht. Damit bleibe der Juni für den nächsten Schritt im Gespräch. Anleger haben diese Entwicklung nach Ansicht von Klaus Stopp von der Baader Bank vorausgesehen und für 2016 lediglich zwei Zinsschritte bereits vorweggenommen.

Gegensätzliche wirtschaftliche Signale

Auch der erneute Einbruch am chinesischen Aktienmarkt und der Rückgang des Ifo-Geschäftsklimaindex für Januar samt niedrigerer Erwartungshaltung sorgte laut Sabine Tillmann für Unsicherheit bei Investoren, wenngleich die Lagebeurteilung der deutschen Unternehmen noch recht solide ausgefallen sei. "Zudem steht ein mit 98,1 Prozent ansehnliches Verbrauchervertrauen in den USA im Januar zu Buche", führt die Händlerin der Hellwig Wertpapierhandelsbank aus.

Griechenland hofft auf günstigere Kredite

Fortschritte gibt es nach Beobachtung von Stopp in der Griechenland-Frage. "EZB, EU-Kommission und der Internationale Währungsfonds scheinen bereit, dem Land bei der Schuldenbewältigung entgegenzukommen." Diskutiert werde die mögliche Übernahme bilateraler Hilfskredite durch den europäischen Rettungsschirm ESM. "Damit würde der relative Schuldendienst für Zins und Tilgung aus der ersten Hilfstranche reduziert werden." Einen Schuldenschnitt schließe ESM-Chef Klaus Regling allerdings aus, nenne aber eine Verlängerung der Kreditlaufzeiten eine Option. Übrigens habe die Ratingagentur Standard & Poor's mit der Heraufsetzung der Bonität von "CCC+" auf "B-" Griechenlands Sparbemühungen und die Rekapitalisierung systemrelevanter Banken belohnt.

Die schlechten ins Kröpfchen

Nach monatelangen Verhandlungen bekämen auch die mit faulen Krediten in Höhe von 200 Milliarden Euro belasteten italienischen Banken nun Hilfe aus Brüssel. Nach schwierigen, monatelangen Verhandlungen hätten sich EU-Kommission und die Regierung in Rom auf eine Bad Bank geeinigt. "Der Plan sieht vor, dass italienische Banken mit Hilfe staatlicher Garantien problematische Kredite aus ihren Büchern auslagern können." Für diese Sicherheiten müssten die Banken allerdings die üblichen Marktpreise zahlen. "Zusammen mit Reformen soll die Bad Bank das Wirtschaftswachstum des südeuropäischen Landes ankurbeln, das mit 0,8 Prozent den anderen Euroländern im vergangenen Jahr hinterher hinkte." Außerdem hoffe die EU auf mehr Schwung bei der Darlehensvergabe.

Fremdwährungsanleihen

Privatanleger engagierten sich laut Stopp in dieser Woche verstärkt in Fremdwährungsanleihen und nutzten dabei die zum Teil hohen Schwankungen zwischen dem Euro und einigen Währungen von Schwellenländern. "Zu den Favoriten gehörten Währungsanleihen auf US-Dollar, brasilianische Real, südafrikanische Rand und türkische Lira."

Anleger halten sich zurück

Mittelstands-Anleihen bleiben tendenziell unter Druck, wie Daniel registriert. Dennoch lande eine im November 2020 fällige Anleihe von Thyssen (WKN A14J57) mit einem Kupon von 1,75 Prozent tendenziell in den Anlegerdepots.

Nach der Abschlagszahlung von rund 10 Prozent der Forderung aus der im Dezember 2017 fälligen und mit jährlich 6,875 Prozent verzinsten MS Deutschland-Anleihe (WKN A1RE7V) greifen einige Anleger laut Daniel auf niedrigem Niveau wieder zu. Der Wert erholte sich im Wochenverlauf von 7,23 auf 8,0 Prozent. "Nominal wurde mit der Rückzahlung die Mindestanlage von 1.000 auf 900 Euro reduziert."

Vertrauen in German Pellet schwindet

Nach wie vor unter Druck befindet sich eine am 1. April 2016 fällige Anleihe von German Pellet (WKN A1H3J6) mit einem Kupon von 7,5 Prozent. Der Hersteller von Holzpellets bittet um eine Verlängerung der Laufzeit des 52 Millionen Euro schweren Bonds. Gleichzeitig soll der Zinssatz für diesen Zeitraum von 7,25 auf 5,25 Prozent gesenkt werden. Im Gegenzug würde die Anleihe durch 50 Prozent der Gesellschafteranteile an German Pellets besichert. Der Wert gab seit Montag von 28 auf 18 Prozent nochmals nach.

von: Iris Merker

© 29. Januar 2016 - Deutsche Börse AG

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