Helsinki (Reuters) - Die EZB kann aus Sicht von drei ihrer Währungshüter die Zinspolitik wohl weiter lockern.

Wenn die Basislinie Bestand habe, werde es weitere Zinssenkungen geben, sagte EZB-Chefvolkswirt Philip Lane am Mittwoch dem finnischen Sender MTV. "Allerdings, angesichts der Unsicherheit in der Welt, falls es eine neue Überraschung bei der Inflation gibt, dann würde sich das Tempo, mit dem wir die Zinsen senken, verlangsamen." Finnlands Notenbankchef Olli Rehn zufolge sind die gegenwärtigen Börsenerwartungen von noch ein bis zwei Zinssenkungen in diesem Jahr vernünftig, wie er auf einer Geldpolitik-Konferenz der Notenbank in Helsinki sagte. Dies gelte "unter der Bedingung, dass sich der Prozess des Rückgangs der Inflation wie projiziert fortsetzt".

Die Europäische Zentralbank (EZB) lockerte Anfang Juni erstmals seit 2019 wieder die Zinszügel. Zum weiteren Kurs hat sich die EZB-Führung bislang eher bedeckt gehalten. EZB-Präsidentin Christine Lagarde zufolge will sich die EZB nicht auf einen bestimmten Zinspfad festlegen und von Sitzung zu Sitzung entscheiden.

Rehn zufolge deutet die Inflationsdynamik darauf hin, dass die Teuerung sich mittelfristig beim EZB-Ziel von zwei Prozent stabilisieren wird. "Selbst wenn sich ihr Kurs nach unten in den jüngsten Monaten etwas abgeschwächt hat", fügte er hinzu. "Wir wussten immer, dass das ein holpriger Weg wird." Aus Sicht von Italiens Notenbankchef Panetta steht das aktuelle konjunkturelle Bild im Einklang mit einer Normalisierung der geldpolitischen Linie, wie er auf der Geldpolitik-Konferenz sagte. "Die EZB hat diesen Prozess vor einigen Wochen rechtzeitig eingeleitet und wird ihn im Basisszenario schrittweise und reibungslos fortsetzen."

Panetta hält Befürchtungen für übertrieben, die zuletzt immer noch vergleichsweise hohe Inflation bei Dienstleistungen könnte sich dort festsetzen. "Die Hartnäckigkeit ist nur scheinbar", sagte er. Die Inflation im Dienstleistungsbereich habe später zu steigen begonnen, später ihren Höhepunkt erreicht und später begonnen zu fallen. "Wir haben Gründe davon auszugehen, dass die Hartnäckigkeit nicht irgendwie unnormal ist." Auf der letzten Wegstrecke beim Zurückweichen der Inflation sei Geduld erforderlich.

Laut Panetta sollte die EZB Aussagen zum künftigen Zinspfad vermeiden. "Wir sollten in unserer Kommunikation vorsichtig sein." Mehrere Währungshüter hatten signalisiert, dass ein zweiter Zinsschritt bereits im Juli nicht erfolgen sollte. Sie richten stattdessen den Blick auf September. Dann werden dem EZB-Rat wieder Konjunktur- und Inflationsprognosen der Notenbank-Volkswirte vorliegen. Diese liefern den Euro-Wächtern stets wichtige Orientierungshilfe bei ihren Zinsentscheidungen.

(Bericht von Anne Kauranen,; Geschrieben von Frank Siebelt; Redigiert von Thomas Seythal. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)