Von Manuel Priego Thimmel

FRANKFURT (Dow Jones)--Der DAX bleibt im Konsolidierungsmodus. Der deutsche Auswahlindex notiert mit 18.450 Punkten am Freitagvormittag knapp unter der Schlüsselunterstützung bei 18.500 Punkten. Ein nachhaltiger Bruch würde Abwärtspotenzial in Richtung 18.000 eröffnen. Ob es dazu kommt dürfte wenig mit der geldpolitischen Entscheidung der EZB zu tun haben - eine Zinssenkung gilt als ausgemacht. Viel spannender ist die weitere Entwicklung an den US-Anleihemärkten. Die vielbeachtete Rendite der 10-jährigen US-Staatsanleihen notiert in der Zwischenzeit über der psychologisch wichtigen Marke von 4,50 Prozent, was für Nervosität an den Aktienmärkten sorgt.

Am kommenden Donnerstag dürfte es soweit sein. Eine erste Zinssenkung um 25 Basispunkte (Bp) durch die EZB gilt als ausgemacht und wird die Finanzmärkte nicht beeindrucken. Viel wichtiger wird der geldpolitische Ausblick werden. Die Commerzbank glaubt aber, dass sich die Währungshüter kaum tiefer in die Karten werden blicken lassen: "Eine Orientierung für den folgenden Zinspfad werden die Notenbanker nächste Woche kaum geben. Vielmehr dürfte die EZB wie bisher erklären, dass die Zinsentscheidungen 'auch in Zukunft von der Datenlage abhängen und von Sitzung zu Sitzung erfolgen [wird], und wir legen uns nicht im Voraus auf einen bestimmten Zinspfad fest'".


   Eine zu aggressive EZB-Zinssenkungspolitik würde Euro schwächen 

Die Commerzbank selbst erwartet, dass die EZB in der Folge die Zinsen quartalsweise um je 25 Bp senken wird, bis im Frühjahr 2025 ein Einlagensatz von 3 Prozent erreicht ist. "Die sich aufhellende Konjunktur und eine wegen weiter kräftig steigender Löhne hartnäckig über ihrem Ziel liegende Kerninflationsrate dürften es der EZB schwer machen, die Zinsen weiter zu senken", beschreiben die Analysten das Dilemma der Währungshüter.

Hinzu kommt, dass die US-Notenbank beim Thema Zinssenkungen vermutlich sehr viel vorsichtiger als die EZB agieren wird. Das könnte eine neue Euro-Schwäche auslösen. Ein schwächere Einheitswährung stärkt zwar die Exportchancen für die Unternehmen aus der Eurozone, heizt aber zugleich die importierte Inflation an. Hinzu kommt die politische Dimension. Bei einer Wiederwahl von Donald Trump im November, dürfte er als US-Präsident den schwachen Euro schnell zum Thema machen. Trump ist bekannterweise kein Freund einer starken US-Devise und dürfte entsprechend Druck auf die Europäer ausüben - der sich unter Trump abzeichnende Handelsstreit wird für Europa ohnehin unangenehm werden.


   US-Daten wichtiger als EZB-Entscheidung 

Vermutlich werden die in der kommenden Woche anstehenden US-Wirtschaftsdaten für die Börsen wichtiger als die EZB-Entscheidung. Zu Wochenbeginn und dann am Mittwoch stehen die ISM-Indizes für das verarbeitende und nicht-verarbeitende Gewerbe an. Das eigentliche Highlight ist aber die Bekanntgabe der US-Arbeitsmarktdaten am kommenden Freitag. Die Indikatoren deuten an, dass sich der Arbeitsmarkt beruhigt. "Für einen bevorstehenden Einbruch gibt es aber keine Anzeichen. Schließlich bewegen sich die wöchentlichen Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe weiter auf niedrigem Niveau", heißt es bei der Commerzbank.

Die Daten könnten Einfluss auf den US-Anleihemarkt haben. Seitdem die vielbeachtete Rendite der 10-jährigen US-Staatsanleihe über 4,50 Prozent gestiegen ist, wird dort wieder genau hingeschaut. Dieses Niveau gilt als kritisch für die Aktienmärkte und ist einer der Hauptgründe, warum die Aufwärtsbewegung an den Börsen zum Erliegen gekommen ist. Hintergrund ist die hartnäckige Inflation in den USA sowie die solide US-Wirtschaft. Wurden zu Jahresbeginn noch sechs Zinssenkungen für den Dollarraum eingepreist, geht die Erwartung nun Richtung eine Zinssenkung. Dass sich die Börsen bislang so gut halten, ist erstaunlich, und hängt vor allem mit der besser als erwarteten Entwicklung der Unternehmensgewinne zusammen.


   DZ Bank sieht keine merkliche Korrekturgefahr im DAX 

Charttechnisch lässt der jüngste Schwächeanfall die horizontalen DAX-Unterstützungen bei gut 18.500 Punkten wackeln. Hier fällt laut HSBC das alte Rekordhoch bei 18.567 Punkte mit dem Tief vom 24. Mai bei 18.516 Punkte sowie der 200-Stunden-Linie bei derzeit 18.542 Punkten zusammen. "Ein endgültiger Bruch dieser Schlüsselzone würde die jüngste Schiebezone in eine kurzfristige Toppbildung mit einem kalkulatorischen Abschlagspotenzial von 350 Punkten umschlagen lassen", heißt es. Passend dazu habe der MACD gerade ein neues Ausstiegssignal generiert, während beim RSI eine negative Divergenz hervorsteche. "In diesem Umfeld markiert die 50-Tages-Linie bei derzeit 18.304 Punkten die nächste wichtige Haltemarke", heißt es.

Die DZ Bank bleibt gelassen. "Wir sehen trotz Börsenrekorden keine merkliche Korrekturgefahr und halten eine solche Korrektur auch nicht für nötig", heißt es in einer aktuellen Studie. Dafür gebe es genug positive kurstreibende fundamentale Faktoren. "Die konjunkturelle Delle in Europa beziehungsweise Deutschland dürfte überwunden sein. Die Zinsanhebungszyklen der Notenbanken sind durch und das Augenmerk der Anleger kann sich immer mehr auf die robusten Erträge der Large Caps richten. Der KI-Boom ist dabei ein wichtiger Treiber, der Effizienzgewinne in der gesamten Wirtschaft verspricht." Die DZ Bank sieht den DAX Ende des Jahres bei 19.500 Punkten und Mitte 2025 bei 20.000.

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May 31, 2024 07:20 ET (11:20 GMT)