SANGERHAUSEN (dpa-AFX) - Beim Fahrradhersteller Mifa im Süden Sachsen-Anhalts bangen 520 Mitarbeiter um ihren Job. Das Haus mit der 110-jährigen Tradition musste Anfang Januar zum zweiten Mal binnen zwei Jahren Insolvenz anmelden. Dem vorläufigen Insolvenzverwalter Lucas Flöther gelang die Rettung vor zwei Jahren. Jetzt muss er erst einmal genügend Geld einsammeln, um die ruhende Produktion wieder hochzufahren. Ein Hoffnungsschimmer brachte am Mittwoch die Nachricht, dass die Eigentümerfamilie von Nathusius zu neuen Krediten für Mifa bereit ist. Doch die Zeit drängt. Warum das so ist, erklärt Flöther im Interview der Deutschen Presse-Agentur.

Frage: Sie haben zuletzt angekündigt, dass Sie dringend frisches Geld brauchen - wo liegt die Deadline und gibt es Fortschritte bei den Verhandlungen?

Antwort: Es gibt keine klassische Deadline, aber bis zum Wochenende, oder spätestens Montag, brauchen wir das Geld. Wir verhandeln parallel mit mehreren Geldgebern, darunter mit der Familie von Nathusius. Die Gespräche sind schon sehr weit. Wir sind sehr zuversichtlich, dass die Finanzierung innerhalb dieses Zeitfensters steht. Wir rechnen bis zum Wochenende oder spätestens Montag mit einem abschließenden Ergebnis. Nach jetzigen Planungen können wir mit dem Massedarlehen der Familie von Nathusius die Produktion hochfahren und definitiv bis zum Frühjahr kommen, da uns auch Lieferanten, Kunden und Sicherungsgläubiger - also die Banken - sehr entgegenkommen.

Frage: Warum drängt die Zeit so sehr?

Antwort: Weil in China das Ende des Neujahrsfestes ansteht und deshalb dort wieder Bestellungen bearbeitet werden. Wir müssen jetzt schnellstmöglich bestellen, damit wir mit der Fertigung beginnen können. Wenn alles klappt, hoffen wir darauf, dass wir in zwei oder drei Wochen die Produktion anlaufen lassen können. Auf jeden Fall müssen wir noch im Februar hochfahren, damit wir bereits im März die ersten Großkunden beliefern können. Das ist der Zeitplan.

Frage: Bleiben Mifa die Großkunden denn trotz Verzögerung treu?

Antwort: Bisher gibt es viele positive Signale und Gespräche. Abgesprungen ist bisher noch kein Großkunde. Vielmehr verhandeln wir mit diesen über mögliche Formen des Entgegenkommens. Etwa, dass sie uns schneller als üblich bezahlen, damit sich Mifas Liquidität verbessert. Dabei hören wir immer wieder: Wir kommen euch entgegen, wir helfen euch. Es gibt allerdings gewisse Veränderungen bei den Bestellungen. Das hat für uns auch Vorteile: Was wir nicht liefern können, müssen wir auch nicht vorfinanzieren.

Frage: Geht die Suche nach einem Investor voran?

Antwort: Das ist ein etwas langfristigerer Prozess. Es gibt mehrere Interessenten, die auf uns zugekommen sind und mit denen wir verhandeln. Dieser Prozess steht auch der Familie von Nathusius offen. Die Gewährung des Massedarlehens steht dazu allerdings in keinem Zusammenhang. Zum Zuge kommt das beste Angebot - und welches das ist, das entscheiden alleine die Gläubiger.

ZUR PERSON: Der 43 Jahre alte Prof. Lucas Flöther ist ein erfahrener Insolvenzverwalter. Der gebürtige Leipziger begleitet mit seiner Kanzlei Flöther & Wissing aus Halle zahlreiche Unternehmen - und hat schon einige prominente Notfälle gerettet. So sprang er beim insolventen Internetkonzern Unister ein und rettete Mifa bereits vor zwei Jahren aus der Pleite. Zudem ist der Jurist seit fast zwei Jahren Sprecher des Gravenbrucher Kreise, einem Zusammenschluss führender deutscher Insolvenzverwalter./hnl/DP/tos