Theodor Weimer, der derzeitige Chef der Deutschen Börse, soll bei der nächsten Hauptversammlung in den Aufsichtsrat der Bank gewählt werden, wie das Institut am Freitag mitteilte. Der 60-Jährige gilt Insidern zufolge als Nachfolger für Achleitner, dessen Amtszeit regulär im Mai 2022 endet. Die Berufung stößt allerdings nicht überall auf Beifall.

Achleitner erklärte, mit Weimer "gewinnen wir einen Kenner der deutschen und europäischen Finanzindustrie und herausragenden Banker für den Aufsichtsrat der Deutschen Bank". Er und Weimer sind langjährige Weggefährten und gelten als bestens vernetzt in der Finanzwelt. Vor seiner Zeit bei der Deutschen Börse war Weimer Vorstandschef bei der UniCredit-Tochter HypoVereinsbank sowie Partner bei der US-Investmentbank Goldman Sachs, bei der auch Achleitner einige Jahre verbracht hat.

Schon 2019 gab es Spekulationen, Weimer könne in das Kontrollgremium der Deutschen Bank wechseln, um Achleitner zu beerben. Im Februar verlängerte die Deutsche Börse Weimers Vertrag um vier Jahre bis Ende Dezember 2024 und versuchte damit, diese Spekulationen aus dem Weg zu räumen. Nun soll der gebürtige Franke bei der Deutschen Bank Nachfolger von Katherine Garrett-Cox (52) werden, die ihr Amt zur Hauptversammlung 2020 niederlegt.

"DIE EXPERTISE HAT ER"

Die Vertragsverlängerung bei der Deutschen Börse spricht nicht dagegen, dass er ins Kontrollgremium der Bank einzieht. Jedoch empfiehlt der Kodex für gute Unternehmensführung, dass der Chef eines börsennotierten Konzerns nicht gleichzeitig Aufsichtsratsvorsitzender eines anderen an der Börse gelisteten Unternehmens werden sollte. Auch Interessenskonflikte seien nicht auszuschließen, weil die Deutsche Bank ein wichtiger Kunde der Deutschen Börse sei, sagte Ingo Speich, Leiter Corporate Governance und Nachhaltigkeit bei der Fondsgesellschaft Deka, die an der Deutschen Bank beteiligt ist.

Rein fachlich halten Branchenexperten Weimer für geeignet. "Die Expertise hat er", sagte Klaus Nieding von der Aktionärsvereinigung DSW. "Wenn er Vorstandschef der Deutschen Börse sein kann, kann er auch Aufsichtsratschef der Deutschen Bank werden." Für die Deutsche Bank sei die Berufung Weimers ein gutes Signal, sagte Andreas Jäger, Partner des Headhunters Heidrick & Struggle. "Weimer hat auf jeden Fall das Potenzial, in die Fußstapfen von Paul Achleitner zu treten."

Achleitner musste in den vergangenen Jahren viel Kritik hinnehmen und bekam von den Aktionären bei der Hauptversammlung 2019 einen Denkzettel - mehr als ein Viertel verweigerte ihm die Entlastung. Zur Wahl bei der diesjährigen Hauptversammlung, die am 20. Mai in Frankfurt stattfinden soll, stehen auch Dagmar Valcarcel und Sigmar Gabriel, die schon gerichtlich als Aufsichtsräte bestellt wurden.

ÜBER 13 MILLIONEN EURO FÜR EINEN MITARBEITER

Trotz eines Verlusts von 5,7 Milliarden Euro im vergangenen Jahr zahlte sich der Vorstand der Deutschen Bank für 2019 einen Bonus von 13,3 Millionen Euro aus, wie aus dem Geschäftsbericht hervorging. Für 2018 hatten sie fast doppelt so viel bekommen. Die konzernweit 88.000 Mitarbeiter erhalten für 2019 Boni von insgesamt 1,5 Milliarden Euro. Das sind rund 22 Prozent weniger als für 2018. Jedoch hat die Deutsche Bank im Zuge ihres Umbaus, dem insgesamt 18.000 Jobs zum Opfer fallen sollen, bereits viele üblicherweise hochbezahlte Investmentbanker vor die Tür gesetzt. 583 (Vorjahr: 643) Mitarbeiter kassierten eine Gesamtvergütung von mehr als einer Million Euro, einer davon kam auf eine Summe von mehr als 13 Millionen Euro.

Inwieweit die derzeitige Corona-Krise die Geschäfte der Bank beeinflusst, könne der Vorstand noch nicht abschätzen, erklärte Bankchef Christian Sewing. Durch einen anhaltenden Abschwung in Folge der Pandemie könne die Bank aber in erheblicher Weise negativ beeinträchtigt werden. Für konkrete Prognosen sei es zu früh. Am Ziel, 2022 eine Eigenkapitalrendite nach Steuern von acht Prozent im Konzern zu erreichen, halte die Bank fest. Klar sei aber, dass die Risikovorsorge im Kreditgeschäft steigen werde. Auch der Druck auf die Erträge habe sich erhöht wegen der fallenden Zinsen.