FRANKFURT (awp international) - Die Europäische Zentralbank (EZB) sollte nach Einschätzung der Wirtschaftsweisen Monika Schnitzer ihre Leitzinsen weiter anheben. "Die Notenbank hat zwar spät gehandelt, aber die schnellen Zinsschritte waren die richtige Antwort auf die hohe Inflation", sagte das Mitglied des Sachverständigenrates für Wirtschaft am Mittwochabend bei einer Veranstaltung des Clubs Frankfurter Wirtschaftsjournalisten (ICFW) in Frankfurt. Schnitzer spricht sich für weitere Zinserhöhungsschritte um 0,50 Prozentpunkte aus. Die EZB hatte im Dezember den Leitzins in dieser Grössenordnung angehoben und verschiedene EZB-Vertreter hatten zuletzt weitere Zinserhöhungen signalisiert.

Bedenklich sei, dass professionelle Beobachter auch auf mittlere Sicht noch eine Inflation über dem Zielwert von zwei Prozent erwarteten, sagte die Ökonomin. Die EZB müsse zwar beachten, dass sie die Wirtschaft nicht zu stark belastet. Die jüngsten Konjunkturdaten zeigten jedoch, dass alles ganz "gut im Lot geblieben" sei. Sie forderte die Regierung auf, die Geldpolitik nicht durch zu grosse fiskalpolitische Impulse zu konterkarieren. Massnahmen zur Abfederung der Energiepreisanstiege sollten zielgerichteter sein.

"Die deutsche Wirtschaft ist besser als erwartet durch das vierte Quartal gekommen", sagte Schnitzer. Die Erdgasspeicher seien gut gefüllt. Dazu habe auch das milde Wetter beigetragen. Bisher erwartet der Sachverständigenrat eine Schrumpfung des Bruttoinlandsprodukts im Jahr 2023 um 0,2 Prozent. Die Regierung prognostiziert in ihrem am Mittwoch vorgestellten Jahreswirtschaftsbericht hingegen ein Wachstum von 0,2 Prozent.

Der Sachverständigenrat wird im März seine neuen Prognosen vorlegen. Ein Unsicherheitsfaktor sei die Entwicklung in China, sagte Schnitzer. Noch sei unklar, wie lange die hohe Infektionslage nach der Aufhebung der Corona-Beschränkungen die Konjunktur dort belaste und damit auch die Weltwirtschaft.

Die Inflation in Deutschland hat laut Schnitzer ihren Höhepunkt überschritten. Im Jahresverlauf dürfte sie im Trend immer weiter zurückgehen. Im Januar und Februar könnte die Inflation nochmal etwas höher ausfallen, da die Gaspreisbremse erst im März wirke, sagte Schnitzer. Ein Risiko stelle auch hier die Entwicklung in China dar. Eine schnelle Erholung der Wirtschaft könne zu einer steigenden Nachfrage nach Energie führen und so auch weltweit die Preise nach oben treiben./jsl/lew/jha/