Berlin (Reuters) - EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat nicht ausgeschlossen, sich bei einer Wiederwahl im Europäischen Parlament nach der Europawahl auch von der italienischen Rechtsaußen-Partei der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni wählen zu lassen.

"Wir brauchen ein handlungsfähiges Europa", sagte sie am Montag auf dem WDR-Europaforum zur Begründung. Deshalb brauche man eine starke Mehrheit für eine proeuropäische Politik. Sie wolle aber eigentlich eine Plattform der Mitte mit Konservativen, Sozialdemokraten und Liberalen. Zudem würde sie sich darüber hinaus nur auf Abgeordnete stützen, die drei Kriterien erfüllten: Sie müssten proeuropäisch, pro-Ukraine und Pro-Rechtsstaat sein.

Eine Zusammenarbeit mit der rechtsradikalen französischen Partei Rassemblement National von Marine Le Pen schloss von der Leyen strikt aus. "Unter keinen Umständen, die sind von Putin bezahlt", sagte sie mit Hinweis auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Das RN wolle Europa zerstören.

Sozialdemokraten, Liberale und Grüne hatten die Spitzenkandidatin der konservativen Parteienfamilien EVP zuvor aufgefordert, eine Zusammenarbeit mit allen Rechtsaußen-Parteien auszuschließen. Ansonsten würden sie im neuen Europäischen Parlament (EP) bei ihrer Wiederwahl nicht mitstimmen, drohten sie. Die EVP liegt in Umfragen für die Europawahl derzeit in Führung. Die Mitte-Parteien hatten sich darauf geeinigt, dass die stärkste Fraktion die Spitze der EU-Kommission besetzen darf. Von der Leyen müsste dazu vom EU-Rat vorgeschlagen und dann im EP gewählt werden.

Das Europäische Parlament kenne aber anders als der Bundestag keinen Fraktionszwang, sagte die CDU-Politikerin. Man könne sich also bei einer Wahl nicht darauf verlassen, dass alle zu den Parteienfamilien gehörenden Abgeordneten auch mitstimmten. Tatsächlich hatten 2019 etliche Sozialisten und Grüne nicht für von der Leyen votiert.

Die italienische Regierungschefin Meloni gilt im Kreis der 27 Staats- und Regierungschefs auch nach Einschätzung der Bundesregierung als pro-europäisch. Von der Leyen vermied eine Bewertung der Innenpolitik Melonis in Italien. Als Kommissionspräsidentin sei es nicht ihre Aufgabe, dies zu bewerten. Man habe aber jährliche Berichte über die Rechtsstaatlichkeit in allen 27 EU-Staaten eingeführt.

Die Rechtsaußen-Parteien in der EU sind im Europäischen Parlament in zwei Fraktionen organisiert. Zur EKR-Fraktion gehören außer der italienischen Ministerpräsidentin Meloni etwa auch die Wahren Finnen und die Schwedendemokraten. Das französische RN gehört dagegen zu den sogenannten ID-Fraktion, die gerade die AfD ausgeschlossen hat.

(Bericht von Andreas Rinke; redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)