--RKI-Präsident: Dürfen jetzt mit Anstrengungen nicht nachlassen

--Spahn: Es ist noch nicht vorbei

--Drosten: Problem mit Impfung der Risikogruppen nicht vorbei

(Neu: Weitere Aussagen, Hintergrund)

Von Andrea Thomas

BERLIN (Dow Jones)--Der Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, hält die aktuellen Fallzahlen bei den Corona-Neuerkrankungen in Deutschland für noch immer zu hoch, dennoch sieht er einen "leicht positiven Trend". Eine Rückkehr zum Alltag sei aber nur bei niedrigen Fallzahlen möglich.

"Wir dürfen jetzt nicht nachlassen", so Wieler auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und anderen Experten. Es sei "wirklich essentiell", dass die Corona-Maßnahmen konsequent umgesetzt werden. Auch appellierte er an die Bevölkerung, sich impfen zu lassen. Die Impfstoffe seien sicher und verträglich.


Es ist nicht vorbei 

Spahn betonte, dass sich die Zahlen "in die richtige Richtung" entwickelten, aber sie seien immer noch auf einem zu hohen Niveau. "Es ist noch nicht vorbei, auch nach einem Jahr nicht, obwohl wir uns es wünschen", so Spahn. Die neuen Mutationen aus Großbritannien und Südamerika zwängen Deutschland, den Umgang mit dem Virus zu ändern.

Man müsse die Corona-Beschränkungen einhalten und auch verschärfen, damit sich das Infektionsgeschehen nicht wieder entflamme, wie es etwa in anderen Ländern geschehen sei. "Wenn wir zu früh aufhören, könnte sich daraus eine noch schlimmere Lage entwickeln", so Spahn.

Forderungen, dass man das Infektionsgeschehen in Deutschland auf null bringen könne, seien angesichts der Infektionslage und der geografischen Lage Deutschlands nicht realistisch.

"Wir befinden uns zwar auf dem Höhepunkt der Pandemie und gleichzeitig haben wir den Weg raus aus der Pandemie begonnen", so Spahn. Das Impfen gehe ihm zu langsam, aber er gehe davon aus, dass bei erwarteter Zulassung der Corona-Impfstoffe, jedem bis zum Sommer ein Impfangebot gemacht werden könne. Die Impfkampagne mache Hoffnung, betonte Spahn.


Szenario von 100.000 täglichen Neuinfektionen 

Christian Drosten, Direktor des Instituts für Virologie an der Charité Berlin, sagte auf der Pressekonferenz, dass die neuen Corona-Mutanten auf eine höhere Ansteckungsrate hindeuteten. Er betonte, es sei ein mögliches Szenario, dass ich in Deutschland 100.000 Menschen täglich mit dem Virus anstecken, wenn die Maßnahmen im Frühjahr gelockert oder nicht eingehalten würden, weil man sich mit der Impfung der Risikogruppen in falscher Sicherheit wiege.

Man sollte nicht denken, "sobald jetzt die Risikogruppen abgeschirmt sind durch eine Impfung, ist das ganze Problem beendet", warnte Drosten.


Intensivstationen ohne Weihnachts- und Silvesterpeak 

Gernot Marx, Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), sagte, es gebe auf den Intensivstationen einen deutlichen Trend nach unten. Auch habe es wegen Weihnachten und Silvester kein Peak gegeben bei den Belegungen auf den Intensivstationen.

Dennoch seien die Intensivstationen noch weit weg von einer entspannten Lage. Es sei wichtig, dass die Fallzahlen reduziert würden. Denn die anhaltend hohe Belastung für die Beschäftigten in den Krankenhäusern könne nicht dauerhaft fortgeführt werden.

Sollten sich die neuen Mutationen in Deutschland verbreiten, würde es zu einer extremen Belastung auf den Intensivstationen führen, warnte Marx.

In Deutschland sind bislang 50.642 Menschen nachweislich mit oder an dem Coronavirus gestorben. Die Zahl der gemeldeten Neuinfektionen lag am Freitagmorgen bei 17.862 Fällen. Innerhalb der vergangenen sieben Tage haben sich 115,3 Menschen auf 100.000 Einwohner mit dem Coronavirus infiziert.

Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com

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January 22, 2021 06:08 ET (11:08 GMT)