--Stimmungseinbruch im Großhandel laut Umfrage gestoppt

--Umsatzplus von nominal 8 Prozent und real rund 1 Prozent erwartet

--BGA verlangt Steuersenkungsprogramm

(NEU: Weitere Aussagen von Pressekonferenz)

Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones)--Der Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), Dirk Jandura, hat für den deutschen Großhandel in diesem Jahr ein reales Umsatzplus von rund 1 Prozent vorausgesagt. "Wir gehen von ungefähr einem nominalen Plus von etwa 8 Prozent aus", sagte Jandura bei einer Pressekonferenz. "Real liegen wir eher bei 1 Prozent." Prognosen sein derzeit allerdings sehr schwierig. "Das ist so ungefähr das, was wir im Moment auf Basis der aktuellen Konstellation sagen können." Jandura forderte angesichts einer neuen Unternehmerumfrage des Verbandes einen "wirtschaftlichen Neustart" in Deutschland.

"Das Jahr 2022 hat mit einem BIP-Wachstum von 1,9 Prozent nach 2,6 Prozent im Vorjahr 2021 beachtlich abgeschlossen, allerdings sollten wir dabei nicht unberücksichtigt lassen, dass die Dynamik im Jahresverlauf deutlich nachgelassen hat", sagte Jandura. In diesem schwierigen Umfeld sei für das Jahr 2023 "allenfalls eine milde Rezession" zu erwarten. "Wenn es uns aber gelingen sollte, die Stimmung positiv zu beeinflussen, könnte 2023 auch ein positives Jahr werden". Aus einem geschätzten Minus von 0,2 oder 0,25 Prozent könnte "auch ein Plus von 0,2 oder 0,25 Prozent werden," betonte der BGA-Präsident.

"Die Maßnahmen der Ampel haben unseren Unternehmen durch die Krisen geholfen. Die strukturellen Probleme wurden aber nicht gelöst", betonte er. Die Unternehmen seien massiv belastet durch Energiekosten, Steuern und Abgaben. "Außerdem haben wir noch immer die höchste Inflation seit Jahrzehnten." Die Umfrage lasse den Verband allerdings "vorsichtig optimistisch nach vorne schauen", betonte Jandura. Zwar weise der BGA-Großhandelsindikator weiterhin eine verhalten negative Stimmung aus, allerdings scheine der Stimmungseinbruch im Großhandel gestoppt.

Der Indikator liege mit 95,5 Punkten knapp über dem Niveau vom vergangenen Sommer, wobei Werte unter 100 eine pessimistische Stimmung, Werte über 100 eine optimistische Stimmung wiedergäben. Die aktuelle Lage werde dabei aber mit 110,1 Punkten um 4,4 Punkte weniger gut bewertet. Ursächlich hierfür seien der hohe Kostendruck bei Energie- und Einkaufspreisen in Verbindung mit Unsicherheiten auf der Abnehmerseite, die sich in einer negativen Einschätzung von Auftragslage und Auslastung spiegelten.


Geschäftserwartungen weisen nach oben 

Einen Lichtblick gäben die Geschäftserwartungen. "Auch die Geschäftserwartungen bleiben zwar pessimistisch, aber sie verschlechtern sich nicht mehr." Sie stiegen um 5 auf 81 Punkte. Trotz erhöhter Kosten bauten die Großhändler ihre Lager auf, um auf Lieferverzögerungen zu reagieren und auf eine wieder anziehende Konjunktur vorbereitet zu sein. Erhöhte Kosten für Vorleistungen und Güter, vor allem für Energie, preistreibende Engpässe in der Versorgung, erdrückende Regulierungen und Neuausrichtung der Energieversorgung machten dem Großhandel zu schaffen, beklagte der Verbandspräsident. Daher werde die aktuelle Lage von den Unternehmen als weniger gut bewertet.

"Ein Steuersenkungsprogramm wäre für uns ein Wirtschaftswachstumsprogramm", forderte Jandura. Dabei gehe es lediglich um ausgeglichene Wettbewerbsbedingungen im internationalen Kontext. Nötig seien "jetzt verlässliche Rahmenbedingungen, damit die Unternehmen die Krisen bewältigen und ihrer Verantwortung für ihre Beschäftigten gerecht werden können". Eine gute Nachricht sei, dass der Preisdruck allmählich nachlasse. Nachdem die Preise über alle Wirtschaftsstufen von Import- und Erzeugerpreisen über die Großhandelspreise bis hin zu den Verbraucherpreisen massiv angezogen hätten, zeichne sich seit dem Herbst eine allmähliche Entspannung ab.

"Zogen die Großhandelspreise im Sommer noch um 20 Prozent an, lagen sie zuletzt im Dezember 2022 bei 12,8 Prozent", betonte Jandura. Der BGA-Präsident rechnete damit, "dass diese Entwicklung weiter anhält, der Großhandel zu Beginn des kommenden Jahres auf unter 10 Prozent wieder einschwenkt" - wenn es gelinge, die Diversifizierung der Energieversorgung weiter voranzubringen und auch die Unternehmen in der Sicherung der Versorgung mit den benötigten Ressourcen und Gütern vorankämen. Dann sei 2023 auch eine Inflation "von unter 6, bestenfalls auch 4 Prozent" möglich.

Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com

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January 26, 2023 05:59 ET (10:59 GMT)