Genf (Reuters) - Eine Untersuchungskommission des UN-Menschenrechtsrats hat sowohl der radikal-islamischen Palästinenser-Organisation Hamas als auch Israel Kriegsverbrechen im Zusammenhang mit dem Gaza-Krieg vorgeworfen.

Das Vorgehen Israels im Gazastreifen als Reaktion auf den Hamas-Überfall stelle aufgrund der immensen zivilen Todesopfer zudem ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit dar. Die Ergebnisse stammen von zwei Berichten, von denen sich einer auf den Hamas-Angriff auf Israel am 7. Oktober und der andere auf die militärische Reaktion Israels darauf bis Ende Dezember konzentrierte und von der UN-Untersuchungskommission (COI) am Mittwoch veröffentlicht wurde.

"Die immense Zahl ziviler Opfer in Gaza und die weit verbreitete Zerstörung ziviler Objekte und Infrastruktur waren das Ergebnis einer Strategie, die mit der Absicht verfolgt wurde, größtmöglichen Schaden anzurichten und dabei die Grundsätze der Unterscheidung, Verhältnismäßigkeit und angemessener Vorsichtsmaßnahmen außer Acht zu lassen", hieß es in der Erklärung der Kommission. Israel wies die Vorwürfe zurück. "Die COI hat wieder einmal bewiesen, dass ihre Aktionen alle im Dienste einer engstirnigen politischen Agenda gegen Israel stehen", sagte die israelische Botschafterin bei den Vereinten Nationen in Genf, Meiraw Eilon Schahar. Eine Stellungnahme der Hamas lag zunächst nicht vor.

Israel lehnt eine Zusammenarbeit mit der Kommission ab und wirft ihr eine anti-israelische Voreingenommenheit vor. Nach Angaben der COI behindert Israel ihre Arbeit und verhindert, dass Ermittler sowohl nach Israel als auch in die besetzten palästinensischen Gebiete gelangen.

Bei dem Hamas-Überfall am 7. Oktober wurden in Israel nach Angaben der dortigen Behörden mehr als 1200 Menschen getötet. Zudem verschleppten Islamisten 250 Menschen als Geiseln in den Gazastreifen. Einige Geiseln kamen im Austausch gegen palästinensische Häftlinge frei, andere wurden von der israelischen Armee befreit, mehrere kamen inzwischen ums Leben und zahlreiche Geiseln befinden sich noch in der Gewalt der Extremisten. Bei der auf den Hamas-Überfall folgenden israelischen Militäroffensive im Gazastreifen wurden nach palästinensischen Angaben mehr als 37.000 Palästinenser getötet.

UN - AUF BEIDEN SEITEN KRIEGSVERBRECHEN

In den Berichten wurde festgestellt, dass beide Seiten Kriegsverbrechen begingen, darunter Folter, Mord und vorsätzliche Tötung und Verletzungen der Menschenwürde. Israel habe zudem weitere Kriegsverbrechen begangen, darunter das Aushungern als Methode der Kriegsführung, hieß es. Israel habe es nicht nur versäumt, den Bewohnern des Gazastreifens lebenswichtige Güter wie Nahrungsmittel, Wasser, Unterkünfte und Medikamente bereit zu stellen, sondern auch "die Versorgung durch andere mit diesen lebensnotwendigen Gütern verhindert." Die Kommission stellte auch "ein Muster sexueller Gewalt" durch palästinensische Extremistengruppen fest, konnte aber naxch eigenen Angaben Berichte über Vergewaltigungen nicht unabhängig überprüfen.

Die Ergebnisse des COI basieren unter anderem auf Aussagen von Opfern und Zeugen, Hunderten Einsendungen, Satellitenbildern und medizinischen Berichten. Der UN-Menschenrechtsrat in Genf will in der nächsten Woche über die Ergebnisse beraten.

(Bericht von Emma Farge, geschrieben von Anneli Palmen, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)