Der Test habe "erhebliche Schwächen" bei der US-Tochter der Bank offenbart, teilte die US-Notenbank Federal Reserve am Donnerstag in Washington mit. Doch an der Börse quittierten die Anleger die Schlappe der Deutschen Bank nur mit einem Achselzucken. Die Aktie verteuerte sich an der Frankfurter Börse am Freitag sogar um bis zu 3,5 Prozent.

Händler und Analysten sparten dennoch nicht mit Kritik an der Bank, der die Fed "weitreichende und kritische Defizite" bei der Kapitalplanung attestierte. "Das ist in etwa so, als würde man Daimler vorwerfen, Räder nicht sicher an seine Autos schrauben zu können", sagte Jochen Stanzl vom Broker CMC Markets. Die erste Runde der Belastungsprobe, deren Ergebnisse vor einer Woche veröffentlicht worden waren, hatte die Deutsche Bank noch erwartungsgemäß bestanden. Beim zweiten Teil hatten die meisten Experten damit gerechnet, dass die Deutsche Bank die Aufseher nicht überzeugt. Das Institut hatte bereits 2015 und 2016 die Latte gerissen.

Die Liste der Verfehlungen ist lang: Etwa sei es um die Datenverfügbarkeit und die internen Kontrollen bei der DB USA Corporation nicht gut bestellt, ebenso seien Mängel beim Risikomanagement, bei internen Prüfungen und bei den Verfahren und Annahmen gefunden worden, mit denen das Geldhaus Prognosen etwa für den künftigen Geschäftsverlauf erstellt. Unter dem Strich sei es daher zweifelhaft, dass die Deutsche Bank ihren Kapitalbedarf korrekt einschätzen und planen kann, heißt es in dem Bericht der Fed. Für die Bank bedeutet das Testergebnis, dass die US-Tochter künftig die US-Aufsicht fragen muss, ob sie Geld an die Konzernmutter in der Heimat überweisen darf.

LANGE LISTE AN VERFEHLUNGEN

Deutsche-Bank-Chef Sewing sagte im Fernsehsender CNBC, die Bank stehe voll zu ihrem Engagement in den USA. "Die USA sind nach Deutschland einer der wichtigsten Märkte für uns und das wird so bleiben." Zuvor hatte die Bank erklärt, ihre US-Tochter habe "bereits Fortschritte erzielt. Hierauf aufbauend wird sie ihre Anstrengungen fortsetzen und weiterhin konstruktiv mit den Aufsichtsbehörden zusammenarbeiten, um ihren eigenen und den Erwartungen der Regulatoren gerecht zu werden." Ob der negative Test dazu führen könnte, dass die Deutsche Bank ihre Präsenz in den USA weiter zurückfährt als ohnehin bereits geplant, ist unklar. Zusätzliche Veränderungen in den USA scheinen jedoch unausweichlich.

David Hendler, Analyst bei der Beratungsfirma Viola Risk Advisors, verglich die Deutsche Bank mit einem Flugzeug, "das nicht sicher ist, weil seine Systeme nicht funktionieren. Wie kann eine Bank, die eine der größten Handelsadressen in der Welt ist, nicht die minimalsten Sicherheitsvorkehrungen haben? Das ist schon erstaunlich." Es sei nun nicht zuletzt die Aufgabe der europäischen Aufseher, die Bank an die Kandare zu nehmen. "Es scheint fast so, als wollten die nicht die Verantwortung für diese Bank übernehmen und lassen die Fed den bösen Jungen spielen und mit dem Finger drohen." Die Europäische Zentralbank (EZB) und die deutsche Finanzaufsicht BaFin wollten sich nicht zu den Testergebnissen äußern.

Die inzwischen jährlichen Banken-Stresstests sind eine Folge der Finanzkrise der Jahre 2008/09, als viele Banken umkippten oder nur dank Steuergeld überlebten. Die US-Banken werden seit 2013 zudem einer umfassenden Analyse (CCAR - Comprehensive Capital Analysis and Review) der Aufseher unterzogen. Besteht ein Institut den CCAR-Test nicht, kann die Fed Dividenzahlungen oder Aktienrückkaufprogramme blockieren. Auslandsbanken dürfen unter Umständen kein Kapital an ihre Mutterkonzerne auszahlen. Insgesamt mussten sich 35 Institute der Belastungsprobe unterziehen.

IMMER NEUE HIOBSBOTSCHAFTEN

Die Deutsche Bank gehört zur Gruppe von Instituten, die von den Aufsehern wegen ihrer Größe, ihrer Vernetzung innerhalb des Finanzsystems und wegen ihrer Geschäfte besonders kritisch unter die Lupe genommen werden. Schon vor einigen Jahren hatte der Internationale Währungsfonds das Geldhaus sinngemäß als weltweit riskanteste Bank bezeichnet. Vor allem ihr Derivatebestand im sogenannten Handelsbuch gilt vielen Experten als sehr riskant.

Der seit April amtierende Vorstandschef Sewing hat dem Institut eine Rosskur verordnet. Er will sich künftig stärker auf Deutschland und Europa konzentrieren und hat insbesondere in den USA und am Standort London zahlreiche Stellen im zuletzt schwächelnden Investmentbanking gestrichen. Die jetzt unter die Lupe genommene DB USA Corporation steht mit einer Bilanzsumme von 133 Milliarden Dollar für rund sieben Prozent der Bilanzsumme des gesamten Deutsche-Bank-Konzerns und 28 Prozent aller Geschäftseinheiten der Deutschen Bank in den USA.

Bei der Deutschen Bank reihen sich die Hiobsbotschaften seit Monaten aneinander: Erst tauschte das Institut nach drei Jahren mit Verlusten in Folge im April hastig den Chef aus, dann senkte die Ratingagentur Standard & Poor's den Daumen, viele tausende Deutsch-Banker verloren und verlieren ihre Jobs und auch das zweite Quartal ist nicht gut gelaufen. Seine Zwischenbilanz zum ersten Halbjahr will das Institut Ende Juli veröffentlichen.