BERLIN (Dow Jones)--Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat Kritik an der Impfstrategie gegen das Coronavirus zurückgewiesen. Im Grunde genommen entwickele sich der Prozess so, wie er von Anfang an öffentlich kommuniziert worden sei, erklärte er im ARD-Morgenmagazin laut dem Sender. Von Anfang an sei klar gewesen, dass der Impfstoff zu Beginn knapp sein werde. Derzeit werde alles unternommen, dass möglichst viele Personen geimpft würden.

"Aber ich finde, wir müssen auch realistisch miteinander sein. Es wird nicht in vielen Ländern auf der Welt viel schneller gehen können, als in Richtung Sommer dieses Angebot zu machen", sagte Spahn. Wichtig seien "Zwischenziele". Mit Blick auf Kritik des Koalitionspartners SPD erklärte der CDU-Politiker, in "dieser echt schweren Phase der Pandemie erwarten die Bürgerinnen und Bürger zu Recht Geschlossenheit." Es funktioniere in solch einer Phase der Pandemie "nicht gut, gleichzeitig Regierung und Opposition sein zu wollen".

Die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig (SPD), griff in derselben Sendung die Kritik an Spahn erneut auf. "Es sind schon viele Fragen aufgetaucht in den letzten Tagen. Wir als Länder, und das ist unabhängig von der Parteipräferenz, haben uns immer darauf verlassen, dass die Bundesregierung ausreichend Impfstoff bestellt, der jetzt auch schnell kommt, darauf kommt es an, und wir vor Ort die Organisation machen." In Mecklenburg-Vorpommern stehe man derzeit gut da. "Ich sage aber auch ganz klar: Wir könnten mehr verimpfen, wenn wir mehr Impfdosen bekommen würden", betonte Schwesig.

Am Vortag hatte auch Vizekanzler und SPD-Spitzenkandidat Olaf Scholz laut Bild-Zeitung Aufklärung von Spahn gefordert, was die spärliche Versorgung mit Impfstoff gegen das Corona-Virus betrifft. Scholz wies Spahn den Angaben zufolge auf einen vierseitigen Fragenkatalog hin, den er gemeinsam mit den SPD-Ministerpräsidenten erarbeitet und an das Kanzleramt gesendet hatte. Darin heiße es: "Warum hat die EU-Kommission so wenig Impfdosen vorbestellt?" und "Warum wurden nicht Teile der von der EU nicht in Anspruch genommenen Dosen (...) für Deutschland bestellt?".

Der SPD-Rechtsexperte Florian Post forderte in dem Blatt seinerseits zur Aufarbeitung des Impfstoffdebakels einen Untersuchungsausschuss. "Frau Merkel und Herr Spahn haben in ihrem Amtseid geschworen, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden." Doch beide hätten die Impfstoff-Beschaffung der EU-Kommission anvertraut, unter deren "Versagen" nun hunderttausende Alte und Pfleger in Deutschland litten, die auf ihren Impfstoff warten müssten. "Dieser Skandal muss in Untersuchungsausschüssen im Bundestag und im EU-Parlament aufgeklärt werden", forderte Post.

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January 05, 2021 03:11 ET (08:11 GMT)