ISTANBUL (dpa-AFX) - Nach der Nicht-Verlängerung des Abkommens zum Export ukrainischen Getreides hat Russlands Außenminister Sergej Lawrow das Vorgehen seines Landes gegen die massive internationale Kritik verteidigt. In einem Telefonat mit seinem türkischen Kollegen Hakan Fidan beschwerte Lawrow sich einmal mehr über angeblich nicht erfüllte russische Forderungen in Bezug auf eigene Exporte, wie das Außenministerium in Moskau am Dienstag mitteilte. Von türkischer Seite gab es zunächst keine Details zum Gesprächsinhalt.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte am Montag angekündigt, Russlands Präsidenten Wladimir Putin umstimmen zu wollen. Die Türkei war neben den Vereinten Nationen Vermittler des Getreideabkommens zwischen Russland und der von Moskau angegriffenen Ukraine.

Der Kreml hatte das vor rund einem Jahr geschlossene Abkommen am Montag ausgesetzt. Offiziell lief es am Montagabend aus. Nach Angaben der EU waren durch die Initiative fast 33 Millionen Tonnen Getreide und andere Lebensmittel aus der Ukraine über das Schwarze Meer ausgeführt worden. Selbst während des Krieges blieb die Ukraine im Jahr 2022 den Angaben zufolge der größte Weizenlieferant des Welternährungsprogramms (WFP) und lieferte mehr als die Hälfte der weltweiten Weizenbeschaffung des WFP.

Mit dem Auslaufen des Abkommens könnte der Druck auf Lebensmittelpreise steigen, worunter vor allem Menschen in ärmeren Ländern leiden würden. Abhilfe schaffen zumindest zum Teil eigens von der EU und der Ukraine ausgebaute Handelswege über Flüsse, Schienen und Straßen. Über die sogenannten Solidaritätskorridore sind nach EU-Angaben seit Kriegsbeginn bis Ende Juni 41 Millionen Tonnen Getreide, Ölsaaten und andere landwirtschaftlichen Produkte aus der Ukraine exportiert worden.

Rund 60 Prozent der ukrainischen Getreideexporte sind nach EU-Angaben seit Beginn des Krieges über die Solidaritätsrouten abgewickelt worden und die restlichen rund 40 Prozent über das Schwarze Meer. Inwiefern die Solidaritätshandelswege noch weiter ausgebaut werden können, war zunächst unklar. Zudem war der Export über diesen Weg in der Vergangenheit verhältnismäßig teuer./mjm/DP/stw