BERLIN (dpa-AFX) - Das deutsche Baugewerbe rechnet in diesem Jahr mit einem Umsatzplus von drei Prozent - auch wegen der vielen Flüchtlinge, die untergebracht werden müssen. "Die Auftragsbücher sind für die nächsten Monate gut gefüllt. Ein Orderzuwachs um 14 Prozent belegt die gute Auftragslage", berichteten Spitzenvertreter des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie (HDB) und des Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes (ZDB) am Mittwoch in Berlin. HDB-Präsident Thomas Bauer betonte allerdings, die Baufirmen seien keine Profiteure der Flüchtlingskrise. "Natürlich wird am Bau zur Zeit sehr, sehr viel verdient, aber nicht mit dem Herstellen von Gebäuden, sondern mit dem Handel mit Immobilien", sagte er.

Die größten Impulse gingen derzeit vom Wohnungsbau aus. Dort rechnen die Verbände 2016 mit einem Umsatzanstieg von fünf Prozent. Der Bedarf an Erstaufnahmekapazitäten für Asylbewerber werde auch zu einem verstärkten Umbau von Wohnhäusern und anderen Gebäuden führen, hieß es. Um auch in Städten mit großem Zuzug und einer hohen Zahl von Zuwanderern ausreichend Wohnraum bereitzustellen, müssten dieses Jahr nach Schätzung von ZDB-Präsident Hans-Hartwig Loewenstein bundesweit 400 000 Wohnungen gebaut oder umgebaut werden. Davon entfielen etwa 100 000 Wohneinheiten "auf die unterschätzte Entwicklung bei der Zuwanderung".

Die Verdoppelung der Fördermittel des Bundes für den sozialen Wohnungsbau von rund einer Milliarde Euro pro Jahr an die Länder bis 2018 sei zwar zu begrüßen. Diese Summe werde aber nicht ausreichen, da die Kommunen das notwendige Fördervolumen aufgrund der 2016 zu erwartenden Flüchtlinge auf bis zu zwei Milliarden Euro schätzten.

Für den öffentlichen Bau prognostizieren die Verbände immerhin noch ein Plus von vier Prozent in 2016. Lediglich beim Bau von Büros, Fabriken und anderen Wirtschaftsgebäuden rechnen die Branchenvertreter mit stagnierendem Umsatz. In den östlichen Bundesländern erwarten sie sogar einen Rückgang um 0,5 Prozent gegenüber 2015. "Gerade finanzschwachen Kommunen gelingt es angesichts der hohen Soziallasten nicht mehr, den Wertverlust von Gebäuden und Infrastruktur durch neue Baumaßnahmen auszugleichen", warnte Bauer.

Kritisch beurteilten die Verbandsvertreter die Praxis, für die Unterbringung von Flüchtlingen für viel Geld Wohncontainer aus China anliefern zu lassen. Anstatt dafür zwischen 2000 und 3000 Euro pro Quadratmeter auszugeben sollten die Kommunen besser günstige Gebäude errichten lassen.

Laut Verbände-Prognose dürfte die Zahl der Beschäftigten in der Baubranche 2016 auf mehr als 770 000 ansteigen. Anfang 2015 waren im Bau rund 757 000 Menschen beschäftigt gewesen. Bis zum Jahresende 2015 stieg ihre Zahl um 0,5 Prozent auf etwa 761 000 Arbeiter und Angestellte.

Im vergangenen Jahr waren die Umsatzsteigerungen zwar hinter der Erwartung der Verbände zurückgeblieben. Mit einem Anstieg von einem Prozent werde die 100-Milliarden-Euro-Marke aber trotzdem erstmalig nach 2000 überschritten./abc/DP/fbr