Berlin (Reuters) - Bund und Länder wollen trotz der sich rasant ausbreitenden Coronavirus-Variante Omikron Quarantäne-Vorschriften lockern, aber auch einige Corona-Vorschriften verschärfen.

Die Länder-Gesundheitsminister stellten sich am Mittwoch in einer Sonder-Schalte hinter einen Vorschlag von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach und dem Robert-Koch-Institut (RKI), das eine abgestufte Verkürzung der und Quarantäne für Mitarbeiter in kritischen Bereichen vorsieht. Lauterbach kündigte im Redaktionsnetzwerk Deutschland mit Blick auf das Bund-Länder-Spitzentreffen am Freitag auch Restriktionen an: "Verschärfungen werden leider notwendig sein, um der schweren Welle, die auf uns zukommt, zu begegnen." Berlins Gesundheitssenatorin Ulrike Gote sprach sich bei RTL/ntv für eine verschärfte Maskenpflicht und weitere Zugangsbeschränkungen für Restaurants aus.

Hintergrund sind die sprunghaft steigenden Corona-Neuinfektionen in Deutschland und anderen Staaten. Das RKI meldete 58.912 neue Fälle. Das sind 18.869 mehr als am Mittwoch vor einer Woche. Das RKI verweist aber darauf, dass die Zahlen wegen der Feiertage weniger aussagekräftig seien. Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz stieg deutlich auf 258,6 von 239,9 am Vortag. Der Wert gibt an, wie viele Menschen je 100.000 Einwohner sich in sieben Tagen mit dem Coronavirus angesteckt haben.

Die Infektionszahlen liegen damit zwar noch deutlich unter denen anderer Länder. Aber Lauterbach rechnet für die nächsten Tage mit einem drastischen Anstieg auch in Deutschland. Derzeit liege der Omikron-Anteil an den Neuinfektionen bei 25 Prozent, man erwarte aber, dass die Virus-Variante in den nächsten Tagen dominant werde, sagte ein Ministeriumssprecher. In den Niederlanden stiegen die Werte auf neue Höchststände. Frankreich waren etwa am Dienstag 271.686 Neuinfektionen registriert worden, in Großbritannien 218.724. In den USA wurden Reuters-Berechnungen zufolge am Dienstag fast eine Million neue Corona-Fälle an einem Tag gemeldet. In Deutschland ist derzeit ein Anstieg besonders im Nordwesten zu beobachten. Unter den Bundesländern verzeichnet Bremen mit 575,8 den höchsten Wert.

GESUNDHEITS- UND KULTUSMINISTER BERIETEN

Lauterbach hatte den Gesundheitsministerinnen und Gesundheitsministern ein Konzept vorgeschlagen, wie Isolation und Quarantäne bei Omikorn-Virus-Infektionen verkürzt werden sollen. Danach sollen sich infizierte Mitarbeiter in kritischen Bereichen wie Krankenhäusern oder Stromversorgern nach sieben Tagen mit einem negativen PCR-Test freitesten können. Bisher ist eine Isolierung für 14 Tage vorgesehen. Für Kontaktpersonen soll dies bereits nach fünf Tagen möglich sein. Damit soll ein Personalmangel bei steigenden Infektionszahlen in diesen besonders wichtigen Bereichen vermieden werden. Dies sei möglich, weil Infizierte bei der Omikron-Virus-Variante weniger lange ansteckend sind, argumentiert der Gesundheitsminister.

Für die allgemeine Bevölkerung gilt, dass sich sowohl Infizierte als auch Kontaktpersonen ohne Symptome nach sieben Tagen mit einem negativen PCR-Test freitesten können. Nach zehn Tagen können sie auch ohne Test die Isolation oder Quarantäne verlassen. Kinder, die Kontaktpersonen sind, können nach fünf Tagen mit einem negativen PCR-Test oder einem "hochwertigen" Schnelltest die Quarantäne beenden.

Kontaktpersonen müssen nach dem von den Gesundheitsministern übernommenen Konzept nicht in Quarantäne, wenn sie "geboostert" sind, also drei Impfungen erhalten haben. Dies gilt auch, wenn die Zweitimpfung oder das Ende einer Erkrankung nicht länger als zwei Monate zurückliegen. Die Kultusminister beschlossen, dass die Schulen trotz Ausbreitung der Omikron-Variante so lange wie möglich geöffnet bleiben sollten.

DEBATTE UM IMPFZIELE

Die Impfkampagne nahm im neuen Jahr wieder etwas an Fahrt auf. Am Dienstag ließen sich nach Angaben des Robert Koch Instituts 610.730 Personen impfen. Die Zahl liegt aber noch weit unter der Marke, die nötig ist, um die von der Regierung angepeilten 30 Millionen Impfungen im Januar zu erreichen.

Lauterbach stellte neue, abgespeckte Impfziele vor: "Nach der Modellierung des RKI sollte das Ziel sein, dass mehr als 80 Prozent der doppelt Geimpften auch geboostert sind, also rechnerisch 56 Prozent der Bevölkerung." Bisher war damit argumentiert worden, dass der volle Impfschutz für mehr als 75 Prozent der Gesamtbevölkerung wichtig sei, um die Pandemie eindämmen zu können.