BERLIN (Dow Jones)--Trotz höherer Ausbauziele der Bundesregierung fällt Deutschland beim Zubau der Meereswindparks deutlich zurück. Im zweiten Halbjahr 2020 wurden keinerlei neue Anlagen gebaut, wie der Bundesverband der Windparkbetreiber Offshore (BWO) gemeinsam mit vier weiteren Verbänden mitteilte. Die Branche fordert nun einen raschen, vorgezogenen Investitionsschub.

Zählt man den Zubau im ersten Halbjahr hinzu, gingen 2020 in der Nordsee insgesamt nur 32 Anlagen mit einer Leistung von 219 Megawatt erstmalig ans Netz. Im Vorjahr war es noch rund das Fünffache - 160 Anlagen mit 1.100 Megawatt (1,1 Gigawatt). Insgesamt speisen damit in der deutschen Nord- und Ostsee nun 1.501 Anlagen mit einer Leistung von 7,77 Gigawatt Strom ein.


   Drastischer coronabedingter Preiseinbruch im Frühjahr 

Wegen sehr guter Windverhältnisse erzeugten die Offshore-Parks zwar 13 Prozent mehr Strom als 2019. Infolge der Corona-Krise brachen die Preise jedoch zu Jahresbeginn drastisch ein und erreichten mit 1,1 Cent pro Kilowattstunde im April einen Tiefpunkt. Seit August befindet sich der Referenz-Marktwert wieder auf Vorjahresniveau.

Die Offshore-Branche erwirtschaftet nach Angaben des Branchenvereins WAB rund 9,8 Milliarden Euro, hat sich zuletzt aber deutlich verkleinert. Von ehemals 1.000 Marktteilnehmern seien aufgrund des geringen Ausbaus aktuell noch rund 770 aktiv, erklärte Geschäftsführerin Heike Winkler.


   Offshore-Branche: "Ausbauspitze" jetzt vorziehen 

Deutschland plant einen Offshore-Zubau auf insgesamt 20 Gigawatt bis 2030 und auf 40 Gigawatt bis 2040. Für 2050, wenn das Land klimaneutral sein soll, gibt es aber noch kein konkretes Ziel, was die Branche kritisiert. Die EU will die Offshore-Windenergie bis zur Mitte des Jahrhunderts indes auf 300 Gigawatt ausbauen. Zudem brauche es rasch einen Marktrahmen für Meeres-Windkraft und grünen Wasserstoff aus Ökostrom.

Während sich die langfristigen Rahmenbedingungen im vergangenen Jahr mit dem Europäischen Green Deal und den neuen Langfristzielen der Bundesregierung verbessert hätten, "bleibt die kurzfristige Situation der Branche mit dem sehr schwachen Heimatmarkt herausfordernd", erklärten die Verbände. Sie fordern daher, die für 2029 und 2030 geplante "Ausbauspitze" nach vorne zu entzerren. "Jetzt Investitionen vorzuziehen hilft Konjunktur und Klimaschutz gleichermaßen."

Kontakt zur Autorin: petra.sorge@wsj.com

DJG/pso/mgo

(END) Dow Jones Newswires

January 21, 2021 05:37 ET (10:37 GMT)