Börsen-Zeitung: Rückkehr zur Normalität / Kommentar von Dieter
Kuckelkorn zur Rückkehr Griechenlands an den Anleihemarkt
Frankfurt (ots) - Der griechischen Regierung ist am Dienstag mit
dem ersten Bondmarktauftritt seit dem Abschluss des letzten
Hilfsprogramms durchaus ein Erfolg gelungen. Unter Einschaltung von
platzierungsstarken Banken hat das griechische Finanzministerium eine
akzeptable Nachfrage nach den angebotenen fünfjährigen Staatsanleihen
generiert. Man kann aber nicht davon sprechen, dass die Investoren
für die Titel Schlange gestanden hätten. Insofern ist es Griechenland
noch nicht gelungen, sich einen wirklich nachhaltigen
Kapitalmarktzugang zu schaffen - das muss Athen in Zukunft noch
leisten.
Dabei ist das Finanzministerium in Athen mit großer
Geschicklichkeit vorgegangen, der Zeitpunkt für die Rückkehr
Griechenlands an den Kapitalmarkt war gut gewählt: Wie die jüngsten
Emissionen von Spanien mit einem Orderbuch von mehr als 46 Mrd. Euro
und Italien mit 35 Mrd. Euro zeigen, reißen sich derzeit die Anleger
um die Staatsanleihen südeuropäischer Staaten. Zudem wurde eine Woche
gewählt, in der umfangreiche Rückzahlungen anstehen - investierbare
Mittel sind am Markt also mehr als ausreichend vorhanden. Und
schließlich konnte die griechische Regierung auch darauf hinweisen,
dass sie auf den Emissionserlös eigentlich gar nicht angewiesen ist,
verfügt sie doch über Barreserven von 26 Mrd. Euro - denn wie jeder
Bankkunde weiß, ist es wesentlich leichter, sich Geld zu leihen, wenn
man eigentlich gar keines benötigt. Insofern war es das eigentliche
Ziel dieser Emission, zu unterstreichen, dass Griechenland nach dem
Abschluss der Hilfsprogramme in jeder Hinsicht wieder ein ganz
normaler Eurozonen-Staat geworden ist.
Allerdings ist die Staatsverschuldung des Landes mit 182 % des
Bruttoinlandsprodukts (BIP) nach wie vor ungesund hoch, auch wenn
sich, wie Union Investment errechnet hat, der Zinsdienst mit 3,5 %
des BIP im normalen europäischen Rahmen bewegt. Und im Zeitalter der
gelben Westen und des Aufstiegs populistischer Protestbewegungen
sollte auch nicht übersehen werden, dass die Regierung in Athen
entgegen ihren ursprünglichen Wahlversprechungen der Bevölkerung mit
einer harten Austeritätspolitik sehr hohe Opfer abverlangen musste
und noch viele Jahre abverlangen wird. Wie Italien zeigt, reicht
schon ein aus Sicht Brüssels und der Märkte unerwünschtes
Wahlergebnis aus, um Erinnerungen an die Schuldenkrise wach werden zu
lassen. Die augenscheinliche Normalität könnte sich dann schnell als
Illusion erweisen.
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