Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones)--Stunden um Stunden hat Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) gerungen, um einen Haushalt für 2025 auf die Beine zu stellen, der die Schuldenbremse einhält und trotzdem die Koalition nicht sprengt. Nun sei die nötige Prioritätensetzung erreicht und das Ausgabenwachstum begrenzt, jubelt der Finanzminister. Doch in Wahrheit herausgekommen ist ein Zahlenwerk mit bemerkenswert vielen Leerstellen.

So klafft im Budgetplan noch eine Lücke von satten 17 Milliarden Euro. 8 Milliarden davon will Lindner zwar noch bis zum Parlamentsbeschluss wieder ausgleichen, geprüft werden dafür unter anderem Umwandlungen von Zuschüssen an Bahn und Autobahngesellschaft in Darlehen, wie es das Kanzleramt vorgeschlagen hatte. Doch diese Prüfungen dürften alles andere als ein Selbstläufer werden. Zerplatzen solche Pläne, werden andere Wege gefunden werden müssen, um die Summe einzusparen. Neuer Streit in der Ampel-Koalition dürfte da vorprogrammiert sein. Der Zündstoff in Lindners Budgetplan ist jedenfalls unübersehbar.

Lindner verströmte bei der Vorstellung seiner Budgetpläne denn auch bemerkenswert wenig Optimismus über den Ausgang dieser Prüfungen. Man sei "bei dem Prüfungsschritt, sollte man das überhaupt tun", hob der Finanzminister ausdrücklich hervor. Gäbe es noch weiteren Handlungsbedarf nach diesen Prüfungen, so würde man "innerhalb der Regierung und dann spätestens im Zuge des parlamentarischen Verfahrens darauf zurückkommen". Welche Kürzungen dann drohen könnten, führte er wohlweislich nicht aus.


Eine Leerstelle als Problem 

Die noch klaffende Lücke zeigt, dass den drei Spitzenpolitikern der Ampel-Regierung vorerst nicht viel mehr als ein Burgfrieden gelungen ist und keine schmerzhafte, aber finale Budgeteinigung. Dass der Finanzminister in seinem Budget mit einer "globalen Minderausgabe" kalkuliert, weil immer Ausgabenreste übrig bleiben, ist zwar seit langem üblich; im Haushalt für 2024 waren dafür 8 Milliarden veranschlagt, 2025 sollen es dann am Ende mindestens 9 Milliarden sein, so die übrigen 8 tatsächlich noch aus den Büchern verschwinden. Warum aber muss überhaupt noch auf eine solche Leerstelle spekuliert werden, wenn vorher wochenlang jeder Stein im Budget umgedreht wurde?

So hagelt es jetzt Kritik nicht nur von der oppositionellen Union, die Lindner einen "Luftikus-Haushalt" vorhält, mit dem sich der Finanzminister nach ihrer Ansicht "hart an der Kante der Verfassungsmäßigkeit" bewegt. Auch zahlreiche Wirtschaftsverbände sind unzufrieden mit den Plänen. So sieht der Arbeitgeberverband BDA in dem Haushalt eine Enttäuschung für alle, die einen Wachstumsimpuls erwartet haben, und die Familienunternehmer warnen vor einem Risiko für den Standort Deutschland, weil das Budget nur mit dem "Prinzip Hoffnung" geplant sei.

Bände spricht aber besonders, wie kritisch auch Volkswirte Lindners Pläne bewerten. Probleme werden in die Zukunft verlagert und Investitionen bleiben auf der Strecke, moniert etwa das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft, nach dessen Einschätzung sich die Regierung in die Zukunft schummelt und auf einen unerwarteten Geldsegen hofft, "ähnlich wie eine Gruppe Lottospieler". Stein des Anstoßes ist zusätzlich zu der noch zu füllenden Budgetlücke eine optimistisch eingestellte globale Mehreinnahme von 14,3 Milliarden Euro. Das IW sieht die eingeplanten Mittel schlichtweg auf wackeligen Füßen. Das könnte für den gesamten Budgetplan gelten.

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July 17, 2024 12:00 ET (16:00 GMT)