Von Andrea Thomas

BERLIN (Dow Jones)--Das Bundeskabinett hat die Einführung einer Frauenquote in Vorständen von börsennotierten Unternehmen beschlossen. Das Zweite Führungspositionengesetz sieht erstmals eine verbindliche Vorgabe für mehr Frauen in Vorständen vor. In Vorständen börsennotierter und paritätisch mitbestimmter Unternehmen mit mehr als drei Mitgliedern muss künftig ein Mitglied eine Frau sein. Für die Unternehmen mit Mehrheitsbeteiligung des Bundes wurden eine Aufsichtsratsquote von mindestens 30 Prozent und eine Mindestbeteiligung in Vorständen vereinbart.

Auch bei Körperschaften des öffentlichen Rechts wie den Krankenkassen und bei den Renten- und Unfallversicherungsträgern sowie bei der Bundesagentur für Arbeit soll eine Mindestbeteiligung eingeführt werden.


   Giffey sieht Gesetz als Meilenstein 

"Dieses Gesetz ist ein Meilenstein für mehr Frauen in Führungspositionen. Wir sorgen dafür, dass es künftig keine frauenfreien Vorstandsetagen in den betreffenden großen deutschen Unternehmen mehr geben wird", erklärte Bundesfrauenministerin Franziska Giffey (SPD) nach der Kabinettssitzung. "Das ist im Sinne einer zukunftsfähigen, modernen Gesellschaft, denn wir schöpfen so die Potentiale unseres Landes besser aus."

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) betonte, dass mit dem Gesetz den qualifizierten und motivierten Frauen endlich auch auf Ebene der Geschäftsführung die Chancen gegeben würden, die sie verdienen. "Frauen tragen mit hoher Qualifikation und Leistung zum Unternehmenserfolg bei. Das soll sich auch endlich angemessen in den Führungsebenen der Unternehmen abbilden", so die SPD-Politikerin.

Zuvor hatte die Regierung eine Frauenquote in Aufsichtsräten eingeführt. Allerdings hatte sich die Anteilen von Frauen in Vorständen von börsennotierten Unternehmen nicht entsprechend erhöht, weshalb die Union nach anfänglichem Bedenken ihren Widerstand gegen eine verbindliche Quote auch in Vorständen aufgab. Dem Gesetzesentwurf muss noch der Bundestag zustimmen.


   Bedenken aus der Industrie 

Die deutsche Industrie hat im Vorfeld der Kabinettsentscheidung von der Bundesregierung Übergangsfristen bei der geplanten Einführung der Frauenquote in Vorständen börsennotierter und paritätisch mitbestimmter Unternehmen gefordert.

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hatte den Vorstoß als einen starken Eingriff in die unternehmerische Freiheit. Wichtig sei, die öffentliche und digitale Infrastruktur zu verbessern, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für alle zu verbessern, hatte der BDI zuvor nach der Verständigung innerhalb der Koalition erklärt. Auch müsse es Härtefallregelung für Konstellationen geben, in denen die Besetzung so praktisch nicht möglich war.

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January 06, 2021 05:17 ET (10:17 GMT)