Von Hans Bentzien

FRANKFURT (Dow Jones)--Die Wirtschaft des Euroraums dürfte im vierten Quartal 2020 weitaus weniger stark als bis vor kurzen gedacht geschrumpft sein. Die von Dow Jones Newswires befragten Volkswirte erwarten, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) gegenüber dem Vorquartal um 1,2 Prozent gesunken ist, nachdem es im dritten Quartal um 12,4 Prozent angezogen hatte. Eurostat veröffentlicht die Daten am Dienstag (11.00 Uhr).

Außerdem auf dem Wochenplan: Die Euroraum-Verbraucherpreise, der deutsche Auftragseingang, der US-Arbeitsmarktbericht, die Zinsentscheidung der Bank of England und der Bericht der Europäischen Zentralbank (EZB) zu den Aktivitäten im Rahmen des Pandemiekaufprogramms PEPP.


   Euroraum-BIP sinkt weniger stark als bislang erwartet 

Das Wiederaufflammen der Pandemie und die nach und nach in allen Ländern des Euroraums verhängten Eindämmungsmaßnahmen haben der Erholung vom harten Frühjahrs-Lockdown vorerst ein Ende bereitet. Wie sich inzwischen aber zeigt, sind die wirtschaftlichen Folgen der viel abgestufteren neuen Maßnahmen weitaus weniger wachstumsschädlich als die des Frühjahrs und auch deutlich geringer als bisher angenommen.

So sank Frankreichs BIP im vierten Quartal nur um 1,3 (Prognose: 4,1) Prozent, und Deutschlands und Spaniens BIP stiegen sogar um 0,1 und 0,4 Prozent. Erwartet worden waren eine BIP-Stagnation und ein Rückgang von 0,6 Prozent. Vor der Veröffentlichung der Euroraum-Daten ist nun Italien die große Unbekannte. Volkswirte erwarten einen BIP-Rückgang von 2,2 Prozent. Die Daten werden eine Stunde vor denen für die Eurozone, am Dienstag (10.00 Uhr) veröffentlicht.


   Euroraum-Inflation steigt im Januar deutlich 

Die Verbraucherpreise im Euroraum dürften zu Jahresbeginn deutlich gestiegen sein. Die von Dow Jones Newswires befragten Volkswirte erwarten, dass die Preise gegenüber dem Vormonat um 0,5 Prozent gesunken sind, wodurch die Jahresveränderungsrate auf plus 0,5 (Dezember: minus 0,3) Prozent zulegen würde. In Deutschland ist die am Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) gemessene Teuerung auf plus 1,6 (minus 0,7) Prozent gestiegen, in Spanien auf plus 0,6 (minus 0,6) Prozent. Eurostat veröffentlicht die Daten am Mittwoch (11.00 Uhr)


   Deutscher Auftragseingang sinkt im Dezember 

Der Auftragseingang der deutschen Industrie dürfte im Dezember eine Verschnaufpause eingelegt haben. Die von Dow Jones Newswires befragten Volkswirte erwarten, dass die Bestellungen nach sieben Monaten mit Anstiegen in Folge um 0,8 Prozent gesunken sind. Im November hatten sie nach einem Anstieg von 2,3 Prozent das höchste Niveau seit Ende 2018 erreicht. Die Daten kommen am Freitag (8.00 Uhr), zusammen mit denen zum Industrieumsatz.


   US-Jobwachstum berappelt sich wieder 

In den USA dürfte sich im Januar die Lage am Arbeitsmarkt wieder verbessert haben. Ökonomen erwarten einen Zuwachs um rund 50.000 Jobs. Wegen steigender Infektionen und der vielerorts verschärften Corona-Regeln waren im Dezember 140.000 Stellen verloren gegangen. Nach sieben Monaten mit zum Teil extrem starken Zuwächsen büßte der US-Arbeitsmarkt damit erstmals wieder Stellen ein.

Die Jobverluste konzentrierten sich auf die Dienstleistungsbereiche wie das Hotel- und Gaststättengewerbe sowie Freizeiteinrichtungen. Dieser Anpassungsbedarf dürfte abgeschlossen sein. Die meisten übrigen Bereiche wie Industrie, Bau und selbst der Einzelhandel haben dagegen weiter Personal aufgebaut. Das Arbeitsministerium veröffentlicht die Daten am Freitag (14.30 Uhr).


Beschluss der Bank of England in der Schwebe 

Die Bank of England (BoE) steht bei ihrer Sitzung vor der entscheidenden Frage, wie sie die aktuelle Schwäche der britischen Wirtschaft interpretiert: Ist es nur eine vorübergehende Phase oder kündigt sich damit ein Abschwung an, der in den kommenden Monaten noch viel tiefer gehen könnte? Sollten die Währungshüter zu der letzteren Ansicht gelangen, dann könnte die BoE bei ihrer Sitzung aktiv werden und ihr Kaufprogramm aufstocken. Zuletzt hatte die BoE das Kaufvolumen im November um 150 Milliarden auf 895 Milliarden Pfund erhöht.

Eine Senkung des Leitzinses in den negativen Bereich ist wenig wahrscheinlich, auch wenn sich einige externe Ratsmitglieder zuletzt positiv über einen solchen Schritt geäußert haben. Gouverneur Andrew Bailey jüngste Erklärungen deuten darauf, dass die BoE diesbezüglich sehr vorsichtig bleibt. Aktuell liegt der Leitzins auf dem Rekordtief von 0,10 Prozent. Die Zinsentscheidung wird am Donnerstag (13.00 Uhr) bekannt gegeben.


Wie viele italienische Staatsanleihen kaufte die EZB? 

Die Europäische Zentralbank (EZB) veröffentlicht ihren monatlichen Bericht zu den Anleihekäufen im Rahmen des APP-Programms und informiert außerdem über die Käufe unter dem Pandemiekaufprogramm PEPP. Letzteres tut sie nur alle zwei Monate, der aktuelle Bericht betrifft den Zeitraum Dezember und Januar. Analysten werden nach den politischen Turbulenzen in Italien vor allem darauf achten, wie stark die EZB in dieser Zeit italienische Staatsanleihen gekauft hat. Die EZB veröffentlicht die Daten am Montag (15.45 Uhr).

(Mitarbeit: Andreas Plecko)

Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com

DJG/hab/jhe

(END) Dow Jones Newswires

January 29, 2021 10:16 ET (15:16 GMT)