Berlin (Reuters) - Bei den Bundesfinanzen bis zum Jahr 2028 plant Finanzminister Christian Lindner (FDP) trotz Ausschöpfen der zulässigen Neuverschuldung mit Finanzlücken im hohen zweistelligen Milliardenbereich.

In seinem Gesetzentwurf für den Etat 2025 klafft derzeit nach Angaben aus dem Finanzministerium vom Montag ein Loch von 17 Milliarden Euro. Im mittelfristigen Finanzplan summieren sich die Lücken für die Jahre 2026 bis 2028 auf 65 Milliarden Euro. Völlig offen bleibt, wie die 2028 erforderliche Erhöhung des Wehretats um 28 Milliarden Euro auf 80 Milliarden Euro gestemmt werden soll, um weiter die Nato-Quote zu erfüllen. CDU-Haushälter Christian Haase nannte es "erschreckend, wie weit Anspruch und Wirklichkeit beim Finanzminister auseinanderliegen".

Das Kabinett soll den in der Ampel-Regierung aus SPD, Grünen und FDP lange umstrittenen Etatentwurf für 2025 und für die Finanzplanung am Mittwoch auf den Weg bringen. Gleichzeitig soll mit einem Nachtragshaushalt für 2024 die Neuverschuldung für das laufende Jahr um 11,3 Milliarden Euro auf 50,3 Milliarden Euro erhöht werden. Damit werden Mehrausgaben in diesem Jahr etwa bei der Förderung von Ökostrom und im Bürgergeld ausgeglichen. Zudem will die Regierung Eckpunkte der Wachstumsinitiative beschließen, die Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Lindner am 5. Juli vorgestellt hatten.

LINDNER: IMPULSE FÜR EIN WETTBEWERBSFÄHIGES DEUTSCHLAND

Lindner äußerte sich in seinem Reuters vorliegenden Entwurf für das Haushaltsgesetz überzeugt, dass die Weichen für mehr Wachstum richtig gestellt würden. Der Regierungsentwurf für den Etat 2025 und die Wachstumsinitiative "setzen neue Impulse für ein sicheres, wettbewerbsfähiges und zukunftsfähiges Deutschland", schreibt Lindner. Die Schuldenbremse werde eingehalten, der reguläre Verschuldungsspielraum werde genutzt.

Angesichts der wirtschaftlichen Schwäche Deutschlands sei weiterhin eine "moderat restriktive Fiskalpolitik richtig", hieß es im Finanzministerium. Lindner plant für den Etat 2025 eine Nettoneuverschuldung von 43,8 Milliarden Euro. Die laut Schuldenbremse zulässige Kreditaufnahme wird in voller Höhe ausgeschöpft. Auch im Finanzplan werde die Schuldenbremse eingehalten. Allerdings gebe es für die Jahre 2026 bis 2028 noch eine Finanzierungslücke von insgesamt 65 Milliarden Euro. Allein für das Jahr 2028 weist die Planung eine Lücke von 39 Milliarden Euro aus. Davon gehen laut Finanzministerium 28 Milliarden Euro auf die erforderliche Erhöhung des Wehretats zurück.

Die im Etatentwurf für 2025 derzeit noch vorhandene Lücke von 17 Milliarden Euro will das Finanzministerium in den nächsten Wochen noch auf neun Milliarden Euro verringern. Die verbleibende Lücke soll 2025 dadurch geschlossen werden, dass im Haushaltsvollzug regelmäßig Milliardenbeträge übrigbleiben, weil Ausgaben nicht abgerufen werden. Um die Lücke zu verringern, prüft die Regierung laut Lindner-Entwurf, ob "eine strukturelle Vereinnahmung des Liquiditätsüberhangs der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) aus der Gaspreisbremse sowie eine Darlehensvergabe (als finanzielle Transaktion) an die Deutsche Bahn AG oder die Autobahngesellschaft GmbH möglich sind".

ETAT DES ARBEITSMINISTERIUMS BLEIBT 2025 STABIL

In der Haushaltsplanung für 2025 können nach Angaben aus dem Finanzministerium vor allem das Arbeits-, das Verkehrs- und das Verteidigungsministerium mit mehr Geld rechnen, wenn zum Vergleich die geplanten Ausgaben für 2024 herangezogen werden. Demnach bekäme das Ressort von Arbeitsminister Hubertus Heil knapp 3,6 Milliarden Euro mehr. Dabei ist allerdings noch nicht mitgerechnet, dass der Arbeitsetat durch den Nachtrag für 2024 um rund 3,7 Milliarden Euro erhöht wird. Das soll höhere Kosten im Bürgergeld abdecken. Unter dem Strich hätte das Heil-Ressort demnach 2025 100 Millionen Euro weniger zur Verfügung als 2024.

Vor allem Lindner hatte Heil gedrängt, im Bürgergeld bei den Sozialausgaben zu bremsen. Die Regierung setzt nun darauf, die Regeln zur Zumutbarkeit einer Arbeitsaufnahme wie auch die Verhängung von Leistungskürzungen zu verschärfen.

Die Opposition warf Lindner vor, die selbst erklärten Ziele zu verfehlen. "Wer jeweils um fast 30 Milliarden Euro bei den Ausgaben und der Neuverschuldung über den eigenen Finanzplanvorgaben liegt, macht keinen guten Job", sagte Unions-Chefhaushälter Haase. "Nur mit vollmundigen Ankündigungen werden sich die strukturellen Probleme definitiv nicht lösen lassen."

Ampel-Haushälter äußerten sich zurückhaltend. Sven-Christian Kindler (Grüne) erklärte: "Kein Gesetz geht ohne Veränderungen durch den Bundestag." Er kritisierte Kürzungen bei der Humanitären Hilfe und der Entwicklungshilfe. FDP-Haushälter Otto Fricke würdigte, dass Regierung und Finanzminister es "geschafft haben, einen verfassungsgemäßen Haushaltsentwurf vorzulegen". Die Haushälter würden "wo nötig nachsteuern". Seine Koalitionspartner SPD und Grüne mahnte Fricke zugleich, "dass es für eine Änderung die Zustimmung aller drei Fraktionen bedarf".

(Mitarbeit Christian Krämer.; Redigiert von Hans BusemannBei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

- von Holger Hansen