Von Andreas Kißler

KÖLN/BERLIN (Dow Jones)--Der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, hat ein deutlich schnelleres Impftempo verlangt, um die Dauer des Lockdowns und damit den wirtschaftlichen Schaden daraus zu begrenzen. "Das Impfen muss so schnell wie möglich vorangehen, um eine weitere Lockdown-Verlängerung über den Januar hinaus zu vermeiden", erklärte er in einer Mitteilung.

Sinnvoll wäre es, wenn Menschen in Alters- und Pflegeheimen und über 70-Jährige deutlich schneller geimpft würden, "beispielsweise auch am Wochenende, auch in der Nacht", meinte Hüther. "Wir müssen Tag und Nacht impfen." Seien die Risikogruppen geimpft, dann gebe es keine Rechtfertigung mehr für einen flächendeckenden Lockdown. Der Lockdown koste jede Woche 3,5 bis 5 Milliarden Euro - und das auch nur, wenn die Industrie den Stillstand weitestgehend glimpflich überstehe.

Viele kleine Unternehmer kämpften derweil um ihre Existenz. Unternehmen lebten zunehmend von der Substanz und - in geringem Maße - von staatlicher Unterstützung. Die Überbrückungshilfen sollten eigentlich dazu beitragen, die nächsten Wochen zu bestehen, allerdings seien nach wie vor die Zugangshürden zu hoch, monierte Hüther.

Im gesamten Jahr 2020 seien an den Einzelhandel 91 Millionen Euro Hilfen ausgezahlt worden, gleichzeitig habe der Lockdown einen Umsatzverlust von 36 Milliarden Euro verursacht, davon Fixkosten in Höhe von 18 bis 20 Milliarden Euro. "Entsprechend stellt sich für viele Unternehmer im Januar die Existenzfrage", erklärte der IW-Chef. Ebenso dramatisch sei die Lage in Branchen, in denen völlig unklar sei, wann wieder Normalität möglich ist, so wie bei Gastronomen, Veranstaltern oder Kulturschaffenden.

Die Industrie dagegen könnte den Lockdown nach Ansicht des Ökonomen im Vergleich zum Frühjahr 2020 besser überstehen. Dafür müssten Grenzen offen bleiben, Wertschöpfungsketten und die Weltwirtschaft müssten die Gelegenheit bekommen, sich zu stabilisieren. "Unklar ist indes noch, welche langfristigen Schäden der Lockdown verursachen wird, und wie viele Unternehmer Insolvenz anmelden", konstatierte Hüther.

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January 05, 2021 06:32 ET (11:32 GMT)