Zürich (Reuters) - Nach einem Milliardenverlust im Skandaljahr 2021 stimmt die krisengeplagte Credit Suisse die Anleger auf weitere schwierige Monate ein.

"Es gibt keine schnelle Lösung", erklärte Konzernchef Thomas Gottstein am Donnerstag. "2022 wird ein Übergangsjahr." Restrukturierungskosten, höhere Lohnzahlungen und steigende Zinsen dürften dem Ergebnis zusetzen, warnte die zweitgrößte Schweizer Bank. Kosteneinsparungen dürften erst ab 2023 wirklich zum Tragen kommen. Von ihrer Ausrichtung auf Millionäre und Milliardäre will die Bank nicht abrücken. "Wir haben deutliche Fortschritte bei der Schaffung der Voraussetzungen für eine wesentlich stabilere und berechenbarere Bank gemacht", sagte Gottstein.

Seit Jahren befindet sich das Institut im Umbau, doch eine Reihe von Fehlschlägen und Affären haben Credit Suisse zum Sorgenkind Nummer eins der europäischen Bankbranche gemacht. Während die Entwicklung der Bank die Investoren schon in den Vorjahren nicht vollständig überzeugte, fuhr Credit Suisse 2021 gar erstmals seit 2017 wieder roten Zahlen ein. Vor allem eine Milliardenbelastung im Hedgefonds-Geschäft und eine überteuerte Übernahme brockten der Schweizer Großbank einen Verlust von 1,6 Milliarden Franken ein. Vor Jahresfrist hatte das Institut wegen Altlasten einen Gewinnrückgang auf 2,7 Milliarden Franken verbucht.

Nachdem Gottstein 2020 als Chef einen guten Start hingelegt hatte, erschütterten mehrere Krisen das Geldhaus 2021. So kostete der Zusammenbruch des Hedgefonds Archegos die Bank fünf Milliarden Franken. Dazu kamen die Notabwicklung von zusammen mit Greensill geführten Fonds, eine Reihe von Rechtsfällen und Untersuchungen der Regulatoren und schließlich Quarantäne-Brüche des inzwischen abgetretenen Präsidenten. Entgegen der bisherigen Erwartung will die Bank den Untersuchungsbericht zum Greensill-Flop unter Verschluss halten. Credit Suisse begründete dies mit den Bemühungen, den Kunden ihren Einsatz zurückzuzahlen, sowie mit den "komplexen rechtlichen Zusammenhänge der Angelegenheit".

WENIGER RISIKO, WENIGER EINNAHMEN

Credit Suisse litt nicht nur wegen der direkten Verluste unter Archegos. Um sich zu schützen, stieg die Bank aus dem Hedgefonds-Geschäft weitgehend aus und setzte auch in anderen Teilen der Bank weniger aufs Spiel. "In den letzten drei Quartalen des Jahres haben wir die Risikobereitschaft der Bank über alle Divisionen hinweg eingeschränkt", erklärte Gottstein. Das trug dazu bei, dass die Erträge in der Investmentbank stagnierten, während das Geschäft bei vielen Konkurrenten boomte. Weniger Risiko bedeutet für Banken meist weniger Geschäft und damit auch weniger Einnahmen.

Eine schnelle und markante Besserung ist nicht in Sicht. Wegen des Ausstieg aus dem Hedgefonds-Geschäft dürften die Erträge im Aktiengeschäft weiter unter Druck stehen. Zudem habe sich das Umfeld eingetrübt. Dies liege insbesondere daran, dass Zentralbanken damit begonnen hätten, ihre Geldpolitik zu straffen, erklärte Gottstein. Das werde etwa zu einem Verlangsamung des Finanzierungsgeschäfts führen.

Doch nach einem schwachen Jahresbeginn zeichne sich eine Verbesserung der Geschäftsdynamik ab, hieß es. Im Kerngeschäft Vermögensverwaltung habe die Bank seit Jahresbeginn unter dem Strich neue Gelder eingesammelt. Im Schlussquartal 2021 enttäuschte das Institut hingegen. Während Reiche der UBS weitere Vermögen anvertrauten, zog diese Kundschaft bei der Credit Suisse in Asien und im Heimmarkt Milliarden ab.

ANALYST - "WENDE NOCH NICHT GESCHAFFT"

Analysten bezeichneten den Jahresabschluss als enttäuschend, vor allem bei den Erträgen habe die Bank die Erwartungen verfehlt. "Diese Ergebnisse lassen noch nicht erkennen, dass die CS die Wende geschafft hat", erklärten Analysten der Citibank. In Investmentbanking verliere das Institut weiter Marktanteile. An der Börse büßten die Credit-Suisse-Aktien fünf Prozent ein. "Wir sehen keinen Anlass, irgendwelche Wetten in den Valoren der CS Group zu empfehlen", erklärte ZKB-Analyst Michael Kunz.

Der schlechte Geschäftsgang werden auch die Mitarbeiter spüren. So will die Bank für Bonus-Zahlungen nur noch zwei Milliarden Franken bereitstellen, fast ein Drittel weniger als im Vorjahr. An die Aktionäre will die Credit Suisse trotz des Verlustes eine unveränderte Dividende von 0,1 Franken je Aktie ausschütten. An dem von vielen Analysten als zu ehrgeizig bezeichneten Ziel einer Eigenkapitalrendite von mehr als zehn Prozent im Jahr 2024 hält die Bank fest.

Mit ihrem Abschluss hinkt Credit Suisse vergleichbaren Instituten deutlich hinterher. Die UBS fuhr 2021 konzernweit mit 7,5 Milliarden Dollar den höchsten Gewinn seit der Finanzkrise ein. Die Deutsche Bank, die vor wenigen Jahren an einem ähnlichen Punkt stand wie Credit Suisse jetzt, erzielte 2021 den zweiten Jahresgewinn in Folge und stellte erstmals seit drei Jahren eine Dividende in Aussicht.