Es ist für Finanzmarktbetreiber schwierig, mit ihren amerikanischen Konkurrenten zu konkurrieren: Diese bieten Unternehmen, die sich für eine Notierung entscheiden, eine unvergleichliche Liquidität und damit im Umkehrschluss optimale Bewertungen.
Der Betreiber der Börse von Singapur kann davon ein Lied singen. Das Volumen der Börsennotierungen ist auf ein Zwanzigjahrestief gefallen, mit gerade einmal 617 Unternehmen. Das vom Stadtstaat aus gesteuerte Unternehmen Shein hat sich für seine viel beachtete bevorstehende Börseneinführung für London entschieden; während der Uber Südostasiens, Grab, und der E-Commerce-Riese Sea beide New York bevorzugten.
Als Hochburg der großen asiatischen Vermögen profitiert Singapur seit Beginn des Jahrhunderts von einem außergewöhnlichen Zustrom privaten Kapitals. Doch diese Gelder werden anderswo investiert: Typischerweise fließen sie von China in die USA, mit dem Stadtstaat dazwischen, der auf eine Rolle als Depotbank reduziert wird, wenn nicht gar als bloße Fassade – eine Rolle, die sie weitgehend Hongkong abgenommen hat.
Was den einst beobachteten Höhepunkt der chinesischen Unternehmensnotierungen betrifft, so hat dieser – das muss man sagen – zu einer solchen Flut von Betrügereien, Veruntreuungen und Finanzskandalen geführt, dass es kaum verwunderlich ist, dass sich institutionelle Investoren letztendlich von dem Platz abgewandt haben.
Als Beweis dafür war das Volumen der Börseneinführungen an der SGX im Jahr 2024 sowohl in Anzahl als auch in Wert absolut lächerlich – drei, mit einer Gesamtsumme von 31 Millionen Dollar – weit hinter der Aktivität auf den Märkten von Kuala Lumpur, Jakarta, Bangkok oder sogar Manila.
Schon lange vertraut mit den Betreibern von Finanzmärkten und als Aktionär einer der führenden Akteure der Branche mit einer erfolgreichen Investition in Euronext, behält MarketScreener SGX natürlich im Auge.
Das Wachstum des singapurischen Betreibers ist bescheiden, aber stetig, mit einer annualisierten Rate von 5,1% im letzten Jahrzehnt. Vor allem übertrifft die Rentabilität des Eigenkapitals mühelos 30% ohne den Einsatz von Fremdkapital. MarketScreener weist darauf hin, dass dies eine Top-Performance ist, die beispielsweise über der von NASDAQ liegt.
Es ist also keine wirkliche Überraschung, dass die Bewertung des Unternehmens im letzten Quartal des Jahres einen Aufschwung erlebt hat, nachdem sie ihre Tiefststände von fünfmal dem Eigenkapital und fünfzehnmal dem operativen Gewinn vor Abschreibungen erreicht hatte. Diese Wiederbelebung des Enthusiasmus markiert einen möglichen Wendepunkt nach einer langen und mühsamen Stagnation, die seit fünfzehn Jahren anhält.
Es ist zu vermuten, dass der Aktivismus der Regierung von Singapur, die das Dossier in die Hand nehmen und über eine Lenkung der Mittel des sehr wohlhabenden staatlichen Pensionsfonds in Richtung des IPO-Segments im Stadtstaat nachdenken will, nicht unbemerkt geblieben ist; ebenso wie der Aktivismus Pekings, das ebenfalls der chinesischen Wirtschaft neuen Schwung verleihen will.
SGX kompensiert die träge Aktienhandelsaktivität zudem durch eine führende Position im Forex- und Rohstoffhandel – eine natürliche Rolle für den Stadtstaat, der nach Shanghai der zweitgrößte Hafen der Welt ist und ein echtes Zentrum des internationalen Seehandels darstellt.
Wie dem auch sei, die Aktivität der Börse von Singapur wird eng mit dem wirtschaftlichen Wachstum der chinesischen und indischen Nachbarn verbunden bleiben und damit auch mit der Nachfrage internationaler Investoren nach einem transparenten und regulierten Finanzmarkt, der rechtlich sicherere Transaktionen ermöglicht.