Zwei Modelle, ein Markt – und doch zwei Welten

Dollar General ist der führende Niedrigpreis-Einzelhändler der USA mit über 20.000 Filialen landesweit. Das Geschäftsmodell ist auf Produkte unter 10 US-Dollar ausgerichtet – künftig auch international, mit Mexiko als primärem Expansionsziel.

Dollar Tree hingegen setzt seit Jahren auf zwei Marken: Die gleichnamige Kette mit Sortimenten meist unter 1,25 US-Dollar und die 2015 übernommene Marke Family Dollar. Letztere sollte neue Kundenschichten erschließen und die notwendige Größe für mehr Effizienz bringen. Doch das Gegenteil trat ein: Missmanagement führte zur Filialschließung – und schließlich zur angekündigten Veräußerung im März, zu einem Bruchteil des ursprünglichen Kaufpreises.

Strukturelle Überlegenheit bei Dollar General

Entsprechend hat Dollar General operativ wie finanziell seit Jahren die Nase vorn. Dennoch litten beide unter dem gleichen strukturellen Problem: Niedrigpreis-Modelle besitzen kaum Spielraum bei der Kostenweitergabe. Inflation, wirtschaftliche Unsicherheit, schwache Konsumnachfrage und Trumps Zollpolitik haben ihre ohnehin knappen Margen weiter ausgehöhlt.

In den letzten Jahren sind die Gewinnspannen beider Unternehmen deutlich geschmolzen. Doch die Märkte werteten die jüngsten Quartalsberichte der beiden Unternehmen völlig unterschiedlich – obwohl beide die Analystenerwartungen übertroffen haben.

Dollar General – zurück auf Wachstumskurs

Dollar General scheint deutlich besser aufgestellt. Das Unternehmen will seine operative Basis stärken: sauberere Läden, bessere Verfügbarkeit von Produkten und Personal, frischere Sortimente – darunter frisches Obst und Gemüse in ausgewählten Filialen. Ziel: das Image als Nahversorger zu festigen (über 80 % des Umsatzes stammen aus Produkten des täglichen Bedarfs) und im Wettbewerb mit Lebensmitteldiscountern wie Aldi oder Supermarktketten Boden gutzumachen.

Zugleich fokussiert sich Dollar General bewusst auf seine Kernkundschaft in ländlichen Gebieten – auch durch die Schließung von Filialen in urbanen Regionen. Die ländliche Stammkundschaft gilt als loyal – wenngleich sensibel gegenüber zollbedingten Preiserhöhungen.

Trotz gestiegener Zinslasten – die Zinsaufwendungen haben sich in den letzten Jahren verdoppelt bis verdreifacht – verfügt Dollar General über die Größe und finanzielle Kraft, diese Strategie umzusetzen. Die Prognosen für das Gesamtjahr wurden angehoben – nach dem wohl besten Quartal seit Pandemiebeginn.

Dollar Tree – Baustelle mit ungewisser Zukunft

Bei Dollar Tree hingegen bleibt der Handlungsspielraum eng. Der Verkauf von Family Dollar reißt ein erhebliches Loch in die Bilanz. Optimisten hoffen, dass die Trennung einen Neustart erlaubt. Doch realistischerweise muss das Unternehmen nun im schwierigsten Einzelhandelsumfeld seit Jahren eine neue Wachstumsstrategie von Grund auf entwickeln.

Ein harter Markt

Der Niedrigpreishandel kämpft mit massiven strukturellen Belastungen: Die Balance zwischen Kostenstruktur und Verkaufspreisen ist angespannt wie nie. Hinzu kommen zunehmende Kundenbeschwerden über die Qualität vieler Produkte, hohe Diebstahlsraten und starker Konkurrenzdruck durch Branchengrößen wie Walmart oder Costco, das mit seinem Clubmodell einen strukturellen Vorteil genießt.

Obwohl die Ergebnisse solide sind, sinkt die Kundenfrequenz. Viele Haushalte haben ihre Einkaufsmuster umgestellt und besuchen diese Märkte nur noch monatlich – früher waren es häufige, ergänzende Einkäufe.

Fazit: Vorteil Dollar General

In einem angespannten Marktumfeld spricht derzeit vieles für Dollar General. Klare strategische Ausrichtung, solide Basis und operative Exzellenz geben dem Unternehmen aktuell einen deutlichen Vorsprung – während Dollar Tree noch mitten in der Restrukturierung steckt.