Turkish Airlines erwägt laut zwei mit dem Vorgang vertrauten Quellen ein Angebot für eine Minderheitsbeteiligung an Air Europa und ist damit die jüngste Fluggesellschaft, die Interesse an der spanischen Airline zeigt. Die Frist für verbindliche Angebote läuft in den kommenden Wochen ab.

Interessierte Investoren wurden aufgefordert, bis Anfang Juli verbindliche Gebote einzureichen, wie eine der Quellen sowie zwei weitere bestätigten. Die Quellen wollten anonym bleiben, da die Bedingungen vertraulich sind.

Die Überlegung von Turkish Airlines, ein Angebot abzugeben, ist bemerkenswert, da es nur wenige Beispiele gibt, in denen Fluggesellschaften außerhalb Europas Anteile an Unternehmen in der Region erwerben. Das Interesse wurde zuvor von der spanischen Online-Zeitung El Español berichtet. Die Frist für verbindliche Angebote war bislang nicht öffentlich bekannt.

Wie Reuters zuvor berichtete, führen auch Air France KLM und Lufthansa Gespräche mit Globalia, der Holdinggesellschaft der Gründerfamilie Hidalgo, über einen möglichen Einstieg.

Mehr als ein Viertel des Umsatzes von Turkish Airlines stammt aus Europa. Zudem besteht ein Codeshare-Abkommen mit Air Europa.

Turkish Airlines reagierte zunächst nicht auf Anfragen zur Stellungnahme, während der türkische Staatsfonds, der Anteilseigner ist, eine Stellungnahme ablehnte.

Ein Vertreter von Globalia und der Familie Hidalgo erklärte, man wolle sich wegen laufender Verhandlungen und aus Gründen der Vertraulichkeit nicht äußern. Auch Lufthansa lehnte eine Stellungnahme ab. Ein Sprecher von Air France-KLM betonte, die Airline sei daran interessiert, die langjährige Zusammenarbeit mit Air Europa zu vertiefen.

NÄCHSTE PHASE EINES LANGEN PROZESSES

Verbindliche Angebote markieren die nächste Phase eines langwierigen Verkaufsprozesses, da Air Europa Kapital aufnehmen möchte, um einen während der Pandemie gewährten Staatskredit zurückzuzahlen. Ein ursprünglicher Zeitplan sah verbindliche Gebote bereits im Mai vor, wie zwei der Quellen berichteten.

Der Prozess wurde unter anderem durch Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Familie Hidalgo und Bedenken interessierter Airlines hinsichtlich der Struktur des Deals verzögert, so die beiden Quellen sowie eine vierte Person mit Kenntnis der Gespräche.

Die Interessenten arbeiten mit Beratern daran, Angebote zu strukturieren, in der Hoffnung, dass der Erwerb einer Minderheitsbeteiligung von rund 20 % sie künftig in eine bessere Position bringen könnte, um die Kontrolle über die Airline zu übernehmen, fügten die beiden Quellen hinzu.

Einige potenzielle Käufer äußerten laut der vierten Quelle Bedenken hinsichtlich mangelnder Klarheit darüber, wie sie dies in der Zukunft erreichen könnten.

Im vergangenen Jahr hatte IAG, Eigentümerin von British Airways und bereits mit 20 % an Air Europa beteiligt, einen vollständigen Übernahmeversuch aufgegeben, nachdem die Wettbewerbsbehörden wegen der Kontrolle über die spanische Fluggesellschaft Iberia Bedenken angemeldet hatten. IAG besitzt zudem Vueling und Aer Lingus.

Der Konsolidierungsdruck auf europäische Fluggesellschaften nimmt zu, um im Wettbewerb mit großen Rivalen aus den USA und dem Nahen Osten bestehen zu können. Viele konzentrieren sich auf die populärsten Strecken in Südeuropa als Ziel für Expansion.

Air Europa bedient Verbindungen innerhalb Spaniens sowie zwischen Madrid und wichtigen Städten in Europa und Lateinamerika.

Bericht von Andres Gonzalez und Joanna Plucinska; zusätzliche Berichterstattung von Ceyda Caglayan in Istanbul und Inti Landauro in Madrid; Redaktion: Josephine Mason und Barbara Lewis